"Es funktioniert!"
Die Halle 7 der Berliner STATION fasst normalerweise mehr als 500 Gäste. Heute allerdings verlieren sich nur wenige Menschen in der riesigen Halle im Herzen Berlins. Dabei findet hier der 7. Parteitag der LINKEN statt. Doch die 574 Delegierten sitzen zu Hause an ihren Computern, verfolgen von dort aus das Geschehen. Durch die Halle eilen Techniker:innen, Mitarbeiter:innen der LINKEN und Freiwillige. Wie auf einem “echten“ Parteitag gibt es ein Tagungspräsidium, das hier in der Halle auf der Bühne sitzt. Den Anfang machen Özlem Alev Demirel und Jörg Schindler. Um kurz vor eins eröffnen die beiden offiziell den Parteitag.
Vor ihnen etwa 50 Einzeltische, an denen Mitglieder des Parteivorstands und andere Amts- und Mandatsträger der LINKEN sitzen. Jeder für sich allein. Mit deutlichem Abstand zu den Nachbarn. Auch die Sitzordnung ist Teil des strengen Hygienekonzepts. Dazu zählt auch eine Sicherheitsschleuse mit insgesamt vier Zelten, in denen sich alle testen lassen müssen, die den Tagungssaal betreten wollen. Ein rotes Armbändchen signalisiert, dass der Test negativ ausgefallen ist.
Die erste Probeabstimmung gelingt
Während Schindler und Demirel den Parteitag eröffnen, wird weiter hinter im Saal hektisch gearbeitet. Hier sitzt die Produktionsfirma MA*MA, die sonst Kongresse und Konferenzen betreut. Etwa ein Dutzend Mitarbeiter:innen ist für die Bilder des Parteitags zuständig. Zudem sind auch Mitarbeiter:innen der Software-Firma Open Slides im Saal. Sie sitzen vor ihren Latops, prüfen ein letztes Mal das System. Die Software ist das Herzstück des Parteitags. Sie ist Antragsverwaltungs-, Livestream- und Videokonferenzsoftware in einem. Die Delegierten sehen alles auf einer Webseite. Neben dem Livestream gibt es dort die Möglichkeit, sich auf eine Redeliste zu setzen und per Videokonferenz zu Wort zu melden. Eine Techniker:in prüft Mikro und Kamera und dann geht es live in die Halle nach Berlin. Die erste Probeabstimmung verläuft problemlos.
Allerdings zeigt sich bei den Wortmeldungen, dass es immer wieder zu kleinen Verzögerungen kommt. „Wir haben den Online-Parteitag als Premiere, deshalb müssen sich einige Dinge noch einspielen“, betont Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler, der zusammen mit Özlem Alev Demirel das Tagungspräsidium leitet. Im Hintergrund prangt das Motto des Parteitags: „Macht das Land gerecht!“. Dann kommen die ersten richtigen Abstimmungen. Die Wahlkommission wird mit großer Mehrheit gewählt. „Das System funktioniert!“, seufzt ein Techniker erleichtert.
Riexingers Abschiedsrede
Immer wieder melden sich Delegierte zu Wort. Direkt aus dem Wohnzimmer. Wer technische Probleme hat, kann sich an das 20-köpfige Support-Team wenden, das per Mail und Telefon erreichbar ist. „Allerdings sitzen die meisten im Karl-Liebknecht-Haus“, erklärt Marcus Boes, Koordinator für den digitalen Parteitag. Die letzten Wochen waren für ihn äußerst aufreibend. „Es ist technisch etwas Neues, was wir hier machen. Man kann nicht auf Abläufe bauen, die wir alle kennen. Aber wir haben in den letzten Wochen alles getan, um die Abläufe eines normalen Präsenz-Parteitags in ein digitales Umfeld zu übertragen.“
Auch das Social-Media-Team der LINKEN ist bereits voll im Einsatz. Bianca Theis ist Mitglied des Teams und produziert gerade eine Insta-Story über den Parteitag. „Wir haben allein auf Instagram mehr als 95.000 Abonnent:innen, auf Facebook sind es mehr als 250.000 und über Twitter erreichen wir mehr als 316.000 Menschen“, betont Theis, die nebenbei noch Videos bearbeitet, die im Vorfeld des Parteitags entstanden sind. „Wir haben fünf Interviews bereits im vor Beginn aufgenommen und wollen die dann während des Parteitags in den Pausen zeigen“, erläutert Theis. Vor dem Mikro standen am Vormittag bereits ver.di-Chefökonom Dierk Hirschel, die FFF-Aktivistin Rika Müller-Vahl und der Ko-Vorsitzende der Linksfraktion im Europäischen Parlament, Martin Schirdewan.
Inzwischen hat Bernd Riexinger das Podium erklommen, um seine Abschiedsrede zu halten. Zusammen mit Katja Kipping hat er DIE LINKE fast neun Jahre lang geführt. Nun nehmen die beiden Abschied. "Gerade in Zeiten, in denen große Verteilungskämpfe bevorstehen, müssen wir daran erinnern: Der Gegner steht oben, nicht neben uns!". Im Saal gibt es nach seiner Rede Standing Ovations. Und auch im Netz gibt es Applaus. Viele Delegierte nutzen die Gruppenfunktion, um zusammen mit anderen Genoss:innen zum Abschied zu winken.
Zum Livestream geht es hier: Digitaler Parteitag