Erinnerung an die Rote Kapelle

Hilde und Hans lieben sich: In seinem neuen Film „In Liebe, Eure Hilde“ setzt Regisseur Andreas Dresen eher auf Emotion denn auf politische Erklärung. In dem Porträt der Widerstandskämpferin Hilde Coppi dominiert die Gruppendynamik und noch mehr die Liebesbeziehung Hildes zu Hans Coppi, der wie sie aufgrund des Vorwurfs der Feindspionage von den Nationalsozialisten verurteilt und hingerichtet wurde. Liv Lisa Fries gibt die Arzthelferin und spätere Versicherungsangestellte dabei als äußerlich zerbrechlich wirkende, innerlich aber robuste junge Frau wieder.

Gemeinsam mit ihrem Mann Hans war sie in der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ aktiv, die von der Gestapo verfolgt wurde, weil sie angeblich moskautreue Sabotageaktionen verübte. Ihre Mitglieder hörten feindliche Sender, druckten Flugblätter gegen die Nazidiktatur und dokumentierten Verbrechen. Wie schwierig das alles war, lässt sich im Film erahnen. Die Gruppe verfügte kaum über geeignete Mittel für ihre Arbeit und operierte hauptsächlich von einer Gartenlaube aus, um beim Abhören der Radiosender mit zusammengeschraubter Technik nicht erwischt zu werden. Am Ende nutzte ihnen dies wenig. Die Gestapo hatte die Kapelle als Feind ausgemacht und verfolgte vermeintliche wie echte Mitglieder gnadenlos. Viele der Aktiven wurden verhaftet, die Prozesse waren kurz und endeten oft mit einem Todesurteil. In Hilde Coppis Fall kam noch hinzu, dass sie ein Kind erwartete, das in der Haftanstalt geboren wurde (der Wissenschaftler und spätere Vorsitzende der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Hans Coppi junior).

Aufmärsche der Nazis und das Geplärre ihres politischen Personals sowie Inszenierungen von Kriegshandlungen gibt es in diesem Film eher weniger. Vielleicht wird hier zu wenig auf die geschichtlichen Ereignisse eingegangen. Hildes letzter Gang ist dann dramatisch wie traurig inszeniert. Der Filmtitel erinnert an ihren letzten Brief aus der Haft. Die Hinrichtung wirkt als Verwaltungsakt brutalisierter Beamter. Eine ganze Gruppe Frauen wird mittels Fallbeil getötet – nichts für schwache Nerven. Dresen begründet seine ungeschönte Darstellung wie folgt: „Irgendwen zu schonen, hat mich noch nie interessiert.“

„In Liebe, Eure Hilde“. D 2024. Regie: Andreas Dresen, Darsteller: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann. Kinostart: 17. Oktober 2024