Familiennachzug verschleppt: Safiullah bangt um Mutter und Bruder
SPD und CDU dürfen Familiennachzug nicht blockieren. Wie ein Minderjähriger aus Afghanistan von der Bundesregierung seit Jahren allein gelassen wird.
Safiullah flüchtete aus Afghanistan und kam als Minderjähriger allein nach Deutschland. Ich erzähle hier seine Geschichte, wie er sie mir erzählt hat. Er ist kein Einzelschicksal, er steht stellvertretend für viele minderjährige Geflüchtete, denen die Bundesregierung den Familiennachzug verweigert.
Noch als Minderjähriger erhielt Safiullah im Oktober 2017 die Flüchtlingseigenschaft. Minderjährige haben laut UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Familiennachzug. Also versuchte er seine Mutter und seinen Bruder nach Deutschland zu holen. Sein Bruder lebt mit starkem Down-Syndrom, er ist stumm. Seine Mutter kümmert sich allein um den Sohn, der viel Betreuung braucht. Sie ist wohnungslos und ohne Einkommen, sie wohnt tageweise bei Bekannten. Sie kann – wie viele Afghan:innen – nicht lesen und schreiben. Der Vater ist verschollen oder verstorben.
Angeblich kein Härtefall
Safiullah macht eine Ausbildung zum KfZ-Mechatroniker in Berlin. Der Berliner Flüchtlingsrat und andere Institutionen halfen ihm, seiner Mutter und seinem Bruder eine Reise und ein Visum nach Pakistan zu bezahlen. Das ist notwendig, weil das Auswärtige Amt die Visumsstelle in Kabul geschlossen hat. Die Reise nach Islamabad war für die Mutter und den Bruder eine große Herausforderung. Weil einige Dokumente fehlten, verlangte die Visumsstelle noch eine zweite Reise. Auch das schaffte die Familie. Doch obwohl die Papiere vollständig vorlagen, der Antrag noch vor der Volljährigkeit Safiullahs gestellt wurde und ihr Verwandtschaftsverhältnis durch einen DNA-Test nachgewiesen war, lehnte das Auswärtige Amt das Visum für die Mutter ab.
Klage gegen das Auswärtige Amt
Sein Chef und seine Kollegen haben einen Brief an das Auswärtige Amt geschickt, indem sie sich verpflichten, finanziell für Safiullahs Mutter und Bruder aufzukommen. Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Ulla Jelpke forderte im Juli 2019 das Auswärtigen Amt auf, zu überprüfen, ob aufgrund der schweren Behinderung des Bruders ein Härtefall vorliegt. Auch das erkannte das Auswärtige Amt nicht an. Nun hat Safiullah gegen das Auswärtige Amt geklagt. Seine Klage ruht jedoch, weil eine Grundsatz-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den volljährig gewordenen Minderjährigen im April 2020 nicht gefällt wurde. Der Ball wurde an den Europäischen Gerichtshof gespielt, sodass diese Fälle nun wieder ruhen und die Familien seit Jahren warten. Safiullah kann sich deshalb oft nicht konzentrieren – auf der Arbeit und in der Berufsschule. Er hofft weiter.
DIE LINKE fordert, dass das Recht auf Familiennachzug muss uneingeschränkt gelten – auch für »subsidiär« Schutzberechtigte. Bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten muss es ein Recht auf Nachzug der Geschwisterkinder geben. Gerechtigkeit für Safiullah!