Mieten senken, Mietwucher bekämpfen!
In Frankfurt am Main wurde eine gewöhnliche 80-Quadratmeter-Wohnung für 1.700 Euro vermietet.1 Die Miete ist fast doppelt so hoch wie laut Mietspiegel üblich. Wer sich auf Immobilienportalen in der Republik umsieht, findet überall schnell Angebote mit astronomischen Miethöhen.
Unter der rot-rot-grünen Landesregierung wurde genau aus diesem Grund in Berlin ein Mietendeckel eingeführt, mit dem tatsächlich eine Absenkung der Mieten erreicht wurde. Konservative Abgeordnete klagten, konservative Bundesrichter entschieden: Einen Mietendeckel darf nur der Bund einführen. Das war das Ende des Berliner Mietendeckels und so steigen die Mieten wieder enorm. Da das Land nicht darf, aber der Bund, machen wir im Bundestag Druck für einen Mietendeckel auf Bundesebene.
Ein Instrument zur Absenkung überhöhter Mieten ist im Bundesrecht sogar schon vorhanden: Im Wirtschaftsstrafgesetzbuch und im Strafgesetzbuch gibt es zwei Paragrafen gegen sogenannten „Mietenwucher“. Der Paragraf 5 WiStrG verbietet das Nehmen unangemessen hoher Mieten. Unangemessen hoch sind Mieten – grob gesagt – wenn sie 20 Prozent über dem Mietspiegel liegen. Wer eine Wohnung noch teurer vermietet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss bis zu 50.000 Euro Bußgeld zahlen. Theoretisch. Außerdem gibt es noch den § 291 StGB, der Wucher mit Geld- und sogar Freiheitsstrafen belegen kann. Von Mietwucher im Sinne des § 291 StGB wird ab einer Miethöhe oberhalb von 50 Prozent über dem Mietspiegel ausgegangen.
Viele mögen überrascht sein, dass es diese Instrumente gibt, die dem Mietenwahnsinn in seinen Spitzen entgegengehalten werden können. Und tatsächlich geht etwa das Amt für Wohnungswesen in Frankfurt am Main beispielhaft gegen überhöhte Mieten vor. Der oben erwähnte Fall ist ein Beispiel für einen Vorgang, in den sich das Amt eingeschaltet und den Prozess gewonnen hat. Jedoch gelingt das nur in relativ wenigen Fällen, weil rechtlich diverse Ausnahmen und Einschränkungen gegen die Absenkung überhöhter Mieten wirken. Der ohnehin zu schwache Mieterschutz ist durch Gerichtsurteile eingeschränkt. So muss zum Beispiel nachgewiesen werden, dass die Notlage der Mietpartei ausgenutzt wurde und keine andere Wohnung mietbar gewesen wäre. Hierbei hilft die Behörde durch die Nachweise der strukturellen Wohnungsnot, doch die Erbringung von Suchnachweisen liegt trotzdem bei den individuellen Mietparteien. So kommen viel zu wenig Mieterinnen und Mieter zu ihrem Recht und zahlen weiterhin überhöhte Mieten.
Es wäre ein leichtes, den nötigen Nachweis der Zwangslage aus dem Gesetz zu streichen. Das fordert nicht nur die Linke, das fordert auch der Bundesrat zum wiederholten Male von der Bundesregierung.2 Auch das Bußgeld soll laut Bundesrat auf 100.000 Euro angehoben werden, um abzuschrecken, so der Gesetzentwurf der Länderkammer. Doch die Bundesregierung weigert sich beharrlich, die Vorlage der Länder umzusetzen.
Begründet wird die Ablehnung mit dem Schuldgrundsatz: Bestraft werden dürfe nur, wer sich schuldig gemacht habe. Ein Vorsatz oder eine Leichtfertigkeit müssten also nachgewiesen werden. Ist dieses Argument ganz offensichtlich vorgeschoben, wurde es jetzt auch juristisch als falsch begutachtet. Auf 47 Seiten untersuchte Prof. Dr. Kilian Wegner von der Viadrina Universität Frankfurt/Oder vorgeschlagene Reformen der Mietwucher-Paragrafen auf verfassungsrechtliche Vorbehalte. Kilian analysiert die vorgeschlagenen Reformen als unbedenklich und weist die Bedenken der Ampel-Regierung zurück.
Es ist offensichtlich von der Ampelkoalition politisch nicht gewollt, dass Mieterinnen und Mieter oder die Behörden effektiv gegen Mietwucher vorgehen können. Dabei wäre die Reform denkbar einfach, es müssten lediglich drei Wörter aus dem Gesetzestext gestrichen werden. Willige Behörden und widerständige Mieterinnen und Mieter könnten dann überhöhte Mieten zurückfordern und perspektivisch senken. Es gäbe endlich ein tatsächliches Drohszenario, das davon abschrecken würde, einfach doppelt so hohe Mieten wie üblich zu verlangen. Geschadet würde niemandem, außer denen, die gerne höhere Mieten zahlen möchten, dann aber nicht mehr könnten, weil Vermietende die überhöhten Mieten nicht nehmen dürften, erläutert Kilian.
Der Bundesrat, der Deutsche Mieterbund und nicht zuletzt Die Linke sowie das aktive Wohnungsamt aus Frankfurt am Main treten weiterhin und verstärkt für die Scharfstellung der „Mietwucherparagrafen“ ein. Die Linke im Bundestag ermöglichte durch die wortgleiche Einbringung des Gesetzentwurfes des Bundesrats eine Debatte, welche die Bundesregierung am liebsten gar nicht geführt hätte. Üblich ist nämlich leider, dass die Gesetzesinitiativen des Bundesrats einfach ausgesessen und nicht behandelt werden. Durch den Einsatz der Linken wurde mithilfe der Unterstützung einzelner Koalitionsabgeordneter eine Anhörung zum Reformvorschlag im Rechtsausschuss des Bundestags durchgesetzt. Dabei wurden die Argumente für die Reform deutlich unterstützt – nur die Immobilien- und Eigentumslobby widersprach mit gewohnter Rhetorik.3
Als Linke fordern wir die Scharfstellung der Gesetzgebung zu überhöhten Mieten, gehen aber noch darüber hinaus. Als ein Schritt hin zu einem bundesweiten Mietendeckel könnte das Nehmen überhöhter Mieten grundsätzlich verboten und bestraft werden. So könnten die Ämter die größte Preistreiberei unterbinden. Wer in der Notlage ist, eine überteuerte Wohnung anmieten zu müssen, kann sich selten zusätzlich juristisch wehren. Es braucht behördliche Hilfe und Maßnahmen des Ordnungsrechts. Selbst nach Feststellung überhöhter Mieten werden diese bislang nicht automatisch abgesenkt. Hierzu bedarf es bisher einer weiteren zivilrechtlichen Klage. Perspektivisch sollten die Behörden regionale Mietobergrenzen auf Grundlage von Erhebungen der Leistbarkeit für Bewohnerinnen und Bewohner aufstellen. Auf diese sozial vertretbaren Mietobergrenzen sollten überhöhte Mieten dann behördlich abgesenkt werden.
Die Hürde zivilrechtlicher Klagen gegen die eigenen Vermieterinnen oder Vermieter kennen wir von der schwachen Mietpreisbremse. Ohnehin darf auch laut Mietpreisbremse der Mietspiegel bei Neuvermietung um zehn Prozent überschritten werden. Und im Mietspiegel sind nur die teuren Neuvermietungen der letzten sechs Jahre enthalten – inklusive der überhöhten Mieten. Deswegen wäre, zweitens, eine Reform hin zu einer flächendeckenden Mietpreisbremse nötig, die die umfangreichen Ausnahmen endlich abschafft und einen maximalen Mietpreis in Höhe des Mietspiegels bzw. der regionalen Mietobergrenzen zulässt.
Für die kommenden sechs Jahre bedarf es, drittens, eines Mietenstopps im Bestand als Atempause für die Mieterinnen und Mieter in diesem Land.
Scharf gestellte Paragrafen gegen Mietwucher, regionale Mietobergrenzen, eine Reform der Mietpreisbremse und ein Mietenstopp– so kann ein bundesweiter Mietendeckel aussehen, der Mieten begrenzt und senkt.
[1] Vgl. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1182185.mietwucher-schwarze-schafe-am-wohnungsmarkt.html
[2] BT-Drs. 20/12391, https://dserver.bundestag.de/btd/20/012/2001239.pdf
[3] Siehe https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_recht/anhoerungen/978310-978310.