Berlin stimmt für Enteignung
Mit großer Mehrheit haben sich die Berliner:innen für die Enteignung großer Wohnungskonzerne ausgesprochen.
- Redaktion
- Max Rabus
Die Berlinerinnen und Berliner haben sich mit großer Mehrheit für die Enteignung großer Wohnungskonzerne ausgesprochen. 56,4 Prozent der Wähler:innen stimmten am Sonntag in einem Volksentscheid dafür, 39,0 Prozent lehnten ihn ab. Für die LINKE ein großer Erfolg. Als einzige Partei hatte sie offensiv für die Enteignung geworben und schon den Mietendeckel in Berlin durchgesetzt, der später vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde.
Konkret geht es bei dem in Deutschland bisher einmaligen Vorhaben um Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin, soweit sie eine „Gewinnerzielungsabsicht“ verfolgen. Diese sollen vergesellschaftet, also gegen Entschädigung enteignet und in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden. Betroffen wären rund 240.000 Wohnungen, etwa 15 Prozent des Berliner Bestands an Mietwohnungen.
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ will, mit Hilfe einer Vergesellschaftung von Wohnungen den Anstieg der Mieten stoppen und langfristig bezahlbare Mieten sichern. Das Votum ist für die Politik rechtlich nicht bindend. Denn abgestimmt wurde nicht über einen konkreten Gesetzentwurf. Der Berliner Senat oder besser die künftige Koalition ist laut Beschlusstext aufgefordert, „alle Maßnahmen einzuleiten“, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind, und dazu ein Gesetz zu erarbeiten. Ob der Berliner Senat tatsächlich ein Gesetz erarbeitet, ist offen und hängt nicht zuletzt von der politischen Zusammensetzung der neuen Landesregierung ab.
Eine Frage der Koalition
Dem amtlichen Ergebnis zufolge erreichte die SPD in Berlin 21,4 Prozent, während die Grünen mit 18,9 Prozent 2,5 Punkte dahinter lagen. Die LINKE kam auf 14,0 Prozent. „Ich erwarte aber von künftigen Partnern, dass sie sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen. Wir für unseren Teil werden das tun“, sagte der LINKE- Spitzenkandidat Klaus Lederer in der Wahlnacht.
Wie dringend die Frage nach bezahlbarem Wohnraum ist, zeigt der ungebrochene Trend zur Verteuerung: Im zweiten Quartal ist der Preisindex für Wohnimmobilien so stark gestiegen wie seit dem Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 nicht. Um 10,9 Prozent verteuerten sich Wohnungen und Häuser im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres, meldete das Statistische Bundesamt am Freitag. Im Vergleich zum ersten Quartal dieses Jahres betrug das Plus 3,7 Prozent.Vor allem in den sieben größten deutschen Städten – Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf – zogen die Preise noch mal kräftig an.