Mit Christian Ströbele ist ein streitbarer Linker von uns gegangen.
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Christian Ströbele war ein unermüdlicher Verteidiger der Bürgerrechte, Kämpfer gegen staatliche Willkür und Kritiker der Geheimdienste: So auch als Gründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs Ende der 60er-Jahre in Westberlin und als Verteidiger der ersten Generation der RAF im Stammheim-Prozess. Der Kampf gegen staatliche Willkür und Repression zog sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Und das nicht nur im Gerichtssaal und später als Abgeordneter im Parlament: kaum eine Demonstration auf der Christian nicht mit seinem Fahrrad gesichtet wurde, Polizeieinsätze beobachtete, deeskalierte und Polizeiübergriffe anprangerte.
Christian Ströbele kämpfte Zeit seines Lebens für radikale gesellschaftliche Veränderung. „Solange ich krauchen kann, will ich in meinem Leben dazu beitragen, dass die notwendigen Veränderungen in der Gesellschaft stattfinden“, sagte er der Tageszeitung taz im Jahr 2013. Er war Gründungsmitglieder der Alternativen Liste Westberlin und Mitbegründer der taz. Gegründet als linke Tageszeitung nach der bleiernen Zeit des „deutschen Herbstes“ 1977. Und er scheute sich nicht, sich in die Niederungen der Realpolitik zu begeben. Der italienische Marxist Antonio Gramsci forderte den „Optimismus des Willens und den Pessimismus des Verstands“. Manchmal aber hatte Christian Ströbele zu viel „Optimismus des Willens“. So als er 1989 in einer furiosen Rede die Bildung einer Koalition zwischen der Berliner Alternativen Liste und der SPD zu einer „Jahrhundertchance“ erklärte und den zunächst regierungsskeptischen Bundesparteitag der Grünen zu einer begeisterten Zustimmung bewegte. Aber als sich die „Jahrhundertchance“ als Enttäuschung entpuppte, scheute sich Christian nicht, sie mit gleicher Verve zu kritisieren.
So sollte es auch nach der Bildung der rot-grünen Koalition 1998 sein. Unvergessen, als Christian Ströbele sich gegen den Eintritt der Bundesregierung in den Jugoslawienkrieg und gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr im Bundestag aussprach. Als die Grünen den unbequemen Ströbele 2002 nicht wieder auf die Liste zur Bundestagswahl aufstellten, entschloss er sich zur Direktkandidatur in seinem Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Slogan: „Ströbele wählen, heißt Fischer quälen“. Viermal gewann er seinen Wahlkreis direkt – als Abgeordneter blieb er sich und seinen Überzeugungen treu. Das tat er auch angesichts des Ukraine-Kriegs: „Keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern“ seien erprobte, international seit Jahrzehnten anerkannte und auch gute Grundsätze der Friedenspolitik“.
Am 29. August ist Christian Ströbele gestorben. Christian lebte wie kaum ein anderer den aufrechten Gang. Seine Stimme und seine Menschlichkeit werden uns fehlen.