DIE LINKE App im ersten Test
- Susanne Lang
An einer Berliner Straßenecke im Wedding haben Alina, Robert, Martin und Stefan an einem kalten Freitagnachmittag im März einen Campingtisch und einen Kasten Club-Mate aufgestellt. Gut gelaunt und mit FFP2-Masken verhüllt, sortieren sie die Stapel von Papier: Flyer, Unterschriftenlisten, Klemmbretter, Gesprächsleitfäden und Auswertungsbögen. Neugierige Vorbeilaufende klärt Robert auf: "Wir sind von der LINKEN und wir wollen gleich mit den Menschen in dieser Nachbarschaft an ihren Haustüren ins Gespräch kommen."
Ein paar Minuten später haben sich 17 Haustürwahlkämpfer weitläufig um den Tisch herum versammelt. Einige sind das erste Mal dabei, andere waren schon oft an den Türen. Eine junge Frau kommt gerade von den Fridays-for-Future-Protesten und freut sich, dass sie es rechtzeitig zum Haustüreinsatz geschafft hat. Durch die Pandemie ist die Arbeit an den Haustüren umso wichtiger: In den Einzelgesprächen kann Abstand gehalten und Infektionsschutz eingehalten werden. Da viele Veranstaltungsformate in diesem Wahlkampf schwierig geworden sind, hat das Haustürgespräch nochmal zusätzlich an Bedeutung gewonnen.
Doch der heutige Einsatz an den Türen ist in mehrfacher Hinsicht ein Meilenstein für die Partei DIE LINKE. An diesem Freitag wird nicht nur der flächendeckende Haustürwahlkampf für die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl im Berliner Wedding begonnen, hier werden nicht nur Unterschriften für die „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ eingesammelt, hier wird auch erstmalig die Wahlkampf-App der LINKEN im echten Einsatz getestet.
Eine App für alle, die aktiv werden wollen
Die LINKE App wird seit Herbst letzten Jahres entwickelt und in diesem Bundestagswahlkampf zur Verfügung stehen. Sie richtet sich an alle, die mit der LINKEN aktiv werden wollen: Es ist eine Planungshilfe für Wahlkampfleitende und eine Mitmachmöglichkeit für Parteimitglieder und Unterstützer:innen. Perspektivisch kann mithilfe der App vom Infostand über die Plakatverteilung auch das Gartenzaungespräch organisiert werden. Im allerersten Schritt ist die App eine Hilfe für die Haustüreinsätze. Hier können Routen geplant und den Aktiven übergeben werden, die dann nicht mehr mit Stapeln von Papier an die Türen gehen müssen.
Zukünftig reicht ein Smartphone. Dazu natürlich ein bisschen Material zum Verteilen. Nur so wird es gelingen, in jedem Wahlkreis mit tausenden Menschen Gespräche an ihren Haustüren zu führen – allein mit Stift und Zettel ist dieser logistische Aufwand kaum zu stemmen. Heute wird getestet, wie die Routenplanung in der Praxis Bestand hat, ob die App gut benutzbar ist und funktioniert.
Was kann die App?
Nachdem sich alle Teams für den Haustüreinsatz zusammengefunden haben und in die verschiedenen Richtungen rund um den Treffpunkt ausschwärmen, bekommt die App-Testgruppe eine kurze Einführung: Anmeldung, das Auswählen der Routen und das Markieren der abgearbeiteten Adressen ist schnell erklärt. Auch das Eingeben der Kontakte von den Menschen, die mehr mit der LINKEN zu tun haben wollen, ist intuitiv zu verstehen. Nedim, Gesine und Leo finden sich schnell zurecht und ziehen los. Das Smartphone zeigt die nächste Adresse an, an der sie klingeln werden.
Jedes Feedback, dass die drei Teams rückmelden, wird von Jonatan sofort notiert. Jonatan ist einer der Entwickler der jungen IT-Genossenschaft ctrl.alt.coop, die diese App für DIE LINKE erstellt. Die App basiert auf Open-Source-Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und greift beispielsweise auf das offene Kartenmaterial von Open Streetmap zurück. Nur dadurch ist es überhaupt möglich, ein solch großes Projekt in so kurzer Entwicklungszeit zu realisieren. Da freie Software keine Einbahnstraße ist, wird auch die LINKE App quelloffen für Weiterentwicklungen außerhalb der LINKEN zur Verfügung stehen.
Die Genossinnen sind begeistert
Nach einer Stunde kommen die drei Teams zurück. Nedim und Gesine sind begeistert und kamen sehr gut mit der App zurecht. Leos Smartphone ist leider abgestürzt - es hat die eisigen Temperaturen an diesem Nachmittag nicht verkraftet. Zum Glück hatte Leo noch einen Zettel mitgenommen und konnte seine erledigten Haustüren herkömmlich auf Papier notieren. Denn das Haustürwahlkampf-Team hat sich viel vorgenommen. Im gesamten Kiez wird flächendeckend an alle Haustüren geklingelt, den Menschen zugehört, um gemeinsam mit ihnen für eine bessere Gesellschaft zu streiten.
An diesem Nachmittag wurden die ersten 300 Gespräche geführt, in den nächsten Wochen und Monaten werden es tausende werden. Fast alle Gespräche an diesem Nachmittag waren positiv und viele Unterschriften wurden für die Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" gesammelt. Durchgefroren und hoch motiviert blickt Robert auf diesen Auftakt: "Das war voll gut - und hat richtig Bock gemacht!"
Susanne Lang koordiniert die Entwicklung der Wahlkampf-App in der Bundesgeschäftsstelle der LINKEN.