Klingeln hilft wirklich!
- Katharina Lenhardt und Dennis Klora
Auch in Baden-Württemberg führen Genoss:innen regelmäßig Haustürgespräche. Unsere Autor:innen ziehen Bilanz und kommen dabei zu erstaunlichen Ergebnissen. Tatsächlich schnitt DIE LINKE dort besser ab, wo die Genoss:innen zuvor viele Haustürgespräche geführt hatten.
Mit Haustürgesprächen erfolgreich bei Kampagnen und im Wahlkampf
In Baden-Württemberg liegt ein Großteil der deutschlandweit 30 Kommunen mit den höchsten Mietspiegeln, die meisten davon im Großraum Stuttgart. Steigende Ausgaben bei zunehmender Unsicherheit durch Kurzarbeit oder Arbeitsplatzverlust stellen für viele Menschen ein großes Problem dar. Die Betroffenen fühlen sich dabei von “der Politik“ im Stich gelassen - das zeigt sich auch an der sinkenden Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg (-6,6 Prozent). Die Frage, die sich für uns gestellt hat: Wie können wir diese Menschen erreichen? Dabei wollten wir die Betroffenen nicht nur für linke Positionen und eine Stimmabgabe gewinnen, sondern zusammen mit ihnen gegen Mieterhöhungen aktiv werden. Haustürgespräche erschienen uns als gutes Mittel, um direkt auf Betroffene zuzugehen.
Aller Anfang ist schwer
Unser Ziel war es, ein "Haustüraktionen-Team" aus erfahrenen und neuen Genoss*innen ins Leben zu rufen, und langfristig in Stuttgart zu verankern. Die Wahlkampfphase in Baden-Württemberg konnten wir dabei gut als Ausgangspunkt nutzen. Wie in jedem Kreisverband gibt es Genoss*innen mit langjähriger Erfahrung bei Haustürgesprächen und viele Mitglieder, die bisher noch keine Möglichkeit hatten, sich hier auszuprobieren. Oft gibt es verständlicherweise auch gewisse Vorbehalte, Ängste und Unsicherheiten, die mit Gesprächen an der Wohnungstür verbunden sind. Man möchte den Leuten nicht auf die Nerven gehen oder fühlt sich unvorhersehbaren Diskussionen nicht gewachsen. In vorausgehenden Online-Workshops konnten wir Fragen zum Vorgehen klären und eigens ausgearbeitete Gesprächsleitfäden versprachen Sicherheit im Gespräch an der Haustür. Beide Formate entwickelten wir in Zusammenarbeit mit dem Haustürwahlkampf-Team der Bundesgeschäftsstelle. Für unsere Gespräche suchten wir gezielt Stadtbezirke aus, in denen viele Menschen mit geringen Einkommen leben und DIE LINKE zuvor vergleichsweise gute Wahlergebnisse erreicht hatte.
Haustürgespräche und Kampagnen verbinden!
Während der Vorbereitungen starteten Genoss*innen aus Stuttgart zwei Kampagnen zum Thema Wohnen und Miete. So wollten wir die geplanten Mieterhöhungen der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft durch eine Kampagne mit den Mieter*innen verhindern. Der öffentliche Druck von Mieter*inneninitiativen, LINKEN Stadt- und Bezirksräten sowie Aktiven des Kreisverbandes zeigte schließlich Wirkung: Die geplante Mieterhöhung wurde ausgesetzt.
In der zweiten Kampagne sind wir als LINKE Teil einer größeren Initiative aus Bürger*innen. Diese Initiative setzt sich dafür ein, dass die Stadt Stuttgart ein sehr großes Gelände in zentraler Lage kauft, sobald es 2021 frei wird. Auf diesem Gelände soll dann bezahlbarer Wohnraum entstehen. Auch die nicht-kommerzielle Nutzung von Räumlichkeiten z.B. für Kunst- und Kulturschaffende soll möglich sein. Zu dieser Initiative läuft aktuell eine Petition. Für uns wurde schnell klar, dass wir die Kampagnen mit den Haustürgesprächen verbinden müssen.
So liefen die Haustürgespräche
Ausgestattet mit Wahlkampfmaterial, Kontaktlisten, Gesprächsleitfaden und Hygienekonzept wagten wir uns an die Klingeln. Den meisten Menschen reagierten aufgeschlossen. Viele zeigten sich dankbar für das Gespräch (vereinzelt in Form von Schokolade oder Schnaps) und überließen uns ihre Kontaktdaten. Aber wir konnten auch ganz praktisch helfen. So zeigten uns Mieter*innen Briefe, die ihnen in unverständlicher bürokratischer Sprache eine Steigerung der Nebenkosten mitteilten. Wir konnten auf das Beratungsangebot von Mieterinitiativen verweisen und an der nächsten Tür direkt nachfragen, ob ebenfalls eine Rechnung kam – so schwand die Distanz im Gespräch schnell. Wir trafen überzeugte LINKE-Wähler*innen, Sympathisant*innen und Menschen, die zwar wütend sind, aber in ihrem Alltag keinen Kontakt zu politischem Aktivismus haben. Viele waren trotzdem auch skeptisch gegenüber der Durchsetzbarkeit der Kampagnenziele. Dieser Skepsis wollen wir möglichst bald mit der Veranstaltung von Treffen begegnen.
Das Erfolgsrezept
Rückblickend war die Zusammenführung aus Kampagnen und Haustürgesprächen ein Erfolgsrezept. In der Praxis wurden dabei mehrere Vorteile deutlich:
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Die Inhalte der Haustürgespräche betreffen die akuten Probleme und Interessen der Bewohner*innen. Das heißt, wir kommen nicht mit abstrakten Themen zu den Menschen, sondern mit solchen, mit denen sie sich identifizieren - damit wird der Gesprächseinstieg massiv erleichtert.
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In einigen Bezirken trafen wir häufig Menschen mit Migrationsgeschichte und ohne Wahlberechtigung. Durch wahlunabhängige Kampagnen konnten wir auch ihnen ein Angebot machen.
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Durch die Sammlung von Unterschriften oder Kontaktadressen können wir nachhaltig mit den Menschen in Kontakt bleiben. Die Kampagne ermöglicht es, auf den Haustürgesprächen aufzubauen und die Bewohner*innen für weitere Aktionen zu organisieren.
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Durch die klaren Inhalte und Zielstellungen fiel es vor allem neuen Genoss*innen einfacher, mit den Menschen an den Haustüren ins Gespräch zu kommen. Das hat uns beim Abbau von Unsicherheiten und damit beim Aufbau des Teams sehr geholfen.
Wo stehen wir nach 5 Monaten?
Innerhalb von 13 Einsätzen konnten wir insgesamt 17 Genoss*innen aus Stuttgart für die Haustürarbeit begeistern - 9 davon haben dieses Format zum ersten Mal ausprobiert. Viele der Teilnehmenden sind zu Folgeaktionen gekommen. Das zeigt uns, dass auch bei den Einsteigern schnell die Hemmnisse überwunden werden konnten. Unterstützt wurden wir dabei vor Ort von Gesine und Daniel aus der Bundesgeschäftsstelle. Vielen Dank an dieser Stelle dafür! Mit unserem Team haben wir an über 1.500 Haustüren geklingelt und ca. 150 Unterschriften bzw. Kontaktdaten sammeln können. Auch erste Analysen der Landtagswahlergebnisse in Stuttgart zeigen einen positiven Trend. In den Wahlbezirken, in denen wir mit Haustürgesprächen aktiv waren, konnten wir meist ein überdurchschnittliches Ergebnis erreichen. In den Umfragen werden uns wachsende Kompetenzen im Bereich der sozialen Gerechtigkeit und der Wohnungspolitik zugeschrieben - das ist das Ergebnis von intensiver und langfristig organisierender Stadtteilarbeit.
Wie geht es weiter?
Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass wir innerhalb kurzer Zeit ein starkes Team aufstellen konnten. Nach jedem Einsatz ist von den Genoss*innen zu hören, dass sie es spannend finden, die Menschen und ihre Lebensumstände direkt kennenzulernen. Alle verspüren durch die Begegnung mit Sympathisant*innen einen besonderen Motivationsschub. Die aktuelle Dynamik möchten wir nutzen, um unser Team noch stärker zu verankern und weiter auszubauen. Wir sehen in den Haustüraktionen eine große Chance für DIE LINKE in Stuttgart. Die Verknüpfung mit den Kampagnen bietet uns den zusätzlichen Vorteil, dass wir direkt mit den Haustürgesprächen fortfahren und einen langfristigen Aktionsplan aufstellen können. „Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme“: Dieses Zitat von Marx unterstreicht die besondere Stellung der Arbeit an den Haustüren, in Kampagnen und in den Stadtteilen. Es lohnt sich. Weil wir eine Welt zu gewinnen haben und viele potenzielle Mitstreiter*innen, die auf unseren Besuch warten.
Katharina Lenhardt und Dennis Klora sind Mitglieder der Partei DIE LINKE und aktiv im Kreisverband Stuttgart.
Mehr zum Thema Haustürgespräche findet ihr auf der Website -> www.die-linke.de/haustuergespraeche