Sommer, Sonne, Sozialismus!
Sachsen-Anhalt trägt bei vielen politischen Entwicklungen seit der Wende leider die rote Laterne. Gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West – das waren und sind die Versprechungen verschiedener Regierungen, auf deren Erfüllung die Menschen in Sachsen-Anhalt nach dem Ende der DDR bis heute warten. Tarifflucht und Niedriglöhne nagen an dem Lebensstandard der Menschen und führen zu Kinder- und Altersarmut. Die Firmen in den ostdeutschen Bundesländern sind viel zu oft die verlängerten Werkbänke des Westens, weil die Löhne dauerhaft unter dem Bundesschnitt liegen. Auf Niedriglöhne folgen karge Renten, die Menschen können keine oder nur geringe Vermögen aufbauen. Die Pandemie und die wachsende Inflation haben diese Probleme verschärft und die Schere zwischen den Armen und Reichen weiter auseinanderklaffen lassen.
Die Menschen in Sachsen-Anhalt müssen mit 3.688 Euro brutto im Monat auskommen (im Bundesdurchschnitt sind es 4.468 Euro). Besonders betroffen sind Frauen, die sogar noch weniger verdienen. Kinder, Jugendliche und Alleinerziehenden sind überproportional von Armut und damit vom sozialen Abstieg bedroht. Doch Sachsen-Anhalt hat die Niedriglöhne satt! Die anhaltenden Streiks zeigen: Die Beschäftigten nehmen es selbst in die Hand und können sich auf die Landesregierung von Ministerpräsident Reiner Haseloff nicht verlassen.
Kinder und Jugendliche in der Armutsfalle
Junge Menschen auf dem Land leiden am stärksten unter Niedriglöhnen und zunehmender Armut. Kein Kind, kein Jugendlicher, kein Azubi oder Student kann etwas dafür, in Armut groß werden zu müssen. In Sachsen-Anhalt gilt mehr als jedes vierte Kind als armutsbedroht. Unter den Studierenden ist es sogar jede dritte Person. Das ist ungeheuerlich. Aber wie kann diese weitverbreitete Armut bekämpft werden?
Jahrelang haben wir als Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt im Parlament, auf der Straße mit Infoständen und Petitionen auf die Armut hingewiesen und Lösungsvorschläge für die soziale Misere gemacht. Und das werden wir auch weiter tun, solange wir können. Doch eine Rede im Landtag verändert nicht die Welt. Was es braucht, sind konkrete Taten und Hilfsangebote vor Ort. Vor diesem Hintergrund hat die linke Landtagsfraktion für die laufenden Sommerferien ein konkretes Konzept entwickelt: Wenn die Landesregierung kaum noch Unterstützung für Ferienfreizeiten für armutsbedrohte Kinder und Jugendliche anbietet, machen wir es einfach selbst!
Über 20.000 Euro als Sommerferien-Hilfe
Die Abgeordneten der Fraktion haben vor dem Beginn der Sommerferien kurzfristig ein eigenes Spendenprogramm auf die Beine gestellt. Anlässlich der turnusmäßigen Diätenerhöhung am 1. Juli haben die Parlamentarier den Netto-Betrag ihrer Diätenerhöhung über den Solidarfonds der Fraktion an Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendklubs, Kitas und Horte gespendet. Für die Sommerferien-Hilfe konnten so pro antragstellende Einrichtung bis zu 300 Euro für eine Ferienaktivität unbürokratisch, kurzfristig und ohne Verwendungsnachweis abgerufen werden. Als Fraktion haben wir nach Veröffentlichung des Sonderprogramms einen regelrechten Ansturm erlebt. Etliche Kinder- und Jugendeinrichtungen haben Anträge für Kinobesuche oder einen Ausflug ins Freibad gestellt – ein voller Erfolg! Damit wurde die nächste Ferienaktion des Hortes keine Frage des Geldbeutels mehr. Insgesamt wurden so über 20.000 Euro aus den Diäten der elf solidarischen Abgeordneten in kürzester Zeit weitergereicht. Die Antragstellenden kamen aus 47 Städten bzw. Gemeinden in Sachsen-Anhalt und über 3.890 Kinder und Jugendliche konnten profitieren.
Das Ganze hat einen konkreten politischen Hintergrund, den die Abgeordneten bei den Spendenübergaben immer wieder betont haben: Denn schon seit Jahren warnen der Paritätische Wohlfahrtsverband sowie der Kinderschutzbund davor, dass es immer mehr Kinder gibt, die gar keinen Urlaub erleben. Deshalb sind Ferienfreizeiten wichtig, um Teilhabe und Erholung auch für die Jüngsten im Land zu ermöglichen. Die Landesregierung spart diese Angebote immer mehr ein – mit fatalen Folgen für Kinder und Jugendliche. Parlamentarisch werden wir als Fraktion deshalb auch aktiv: Wir werden einen Antrag im Landtag zur Förderung von Ferienfreizeiten stellen, damit alle Kinder ihr Recht auf Freizeit in Anspruch nehmen können. Das ist die Stärke der Linken – die Verknüpfung von konkreter Hilfe mit parlamentarischen Aktivitäten.
Mehr KPÖ wagen?
Die Wahlerfolge der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) haben uns als Linke in Deutschland deutlich gemacht, was möglich ist. Seitdem wird über die Grundsätze der KPÖ auch in unserer Partei lebhaft debattiert: Wo können wir Inhalte übernehmen und in eine Praxis hierzulande überführen, die Sinn macht? Wie viel KPÖ ist in Deutschland machbar? Wie können wir, zum Beispiel, deutlicher machen, dass sich Linken-Politiker:innen von den Abgeordneten anderer Parteien unterscheiden? Wie können wir als Linke die „vorpolitische Arbeit“ in den Kiezen und Stadtteilen stärken, die Menschen aus der Vereinzelung herausholen, das Klassenbewusstsein stärken und zugleich die unmittelbare Wirksamkeit der Partei fördern?
Hierfür braucht es konkrete Arbeitsschritte und eine Rückbesinnung auf die Grundsätze unserer Partei und ihrer Vorgängerorganisationen. Dazu finden sich zahlreiche Ansätze, die die KPÖ für sich adaptiert und konkret umgesetzt hat. So waren Die Linke und die PDS immer getragen von diesen zentralen Grundsätzen in der Arbeit: Die Linke ist die einzige Partei, die Solidarität und Wertschätzung nicht nur propagiert, sondern vorlebt. Der Kampf um soziale Gerechtigkeit ist die Grundlage unseres Parteilebens. Die Partei muss mit möglichst kreativen Aktionen wie zum Beispiel die Sommerferien-Hilfe die Herzen der Menschen erobern und mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren. Die Linke soll Initiativen und Nachbarschaftsvereinigungen unterstützen und denen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden. Diese Paradigmen sind in zahlreichen Broschüren der Rosa-Luxemburg-Stiftung über die Gründung der PDS und der Linkspartei dokumentiert.
Es sind Leitideen, die uns Genoss:innen wie Lothar Bisky, Gregor Gysi, Roland Claus oder auch Gesine Lötzsch ins Stammbuch geschrieben haben und die wir heute wieder mehr praktizieren müssen. Aus dem Solidarfonds der linken Landtagsabgeordneten in Sachsen-Anhalt sind seit Errichtung im Jahr 1995 knapp 1,5 Millionen Euro an Vereine, Verbände und armutsbedrohte Familien gespendet wurden. Das ist eine Form von „KPÖ light“ in Sachsen-Anhalt, die wir immer wieder aufs Neue in die Öffentlichkeit tragen müssen – Abgeordnete, Funktionsträger:innen und Basismitglieder gemeinsam!