Interview mit Katina Schubert und Ates Gürpinar

"Die Doppelspitze ist eine äußerst sinnvolle Lösung"

Katina Schubert und Ates Gürpinar sind die neuen Bundesgeschäftsführer*innen der Linken

Katina und Ates, ihr bildet die neue Doppelspitze in der Bundesgeschäftsführung. Wie war eure erste Reaktion, als die Parteivorsitzenden euch fragten, ob ihr gemeinsam die Bundesgeschäftsführung der Partei übernehmen wollt?

Katina: Der Anruf kam überraschend, aber mir wurde schnell klar, dass ich mich der Verantwortung stellen werde. Wir können uns vor diesem Wahlkampfjahr keine längere Vakanz auf diesem so wichtigen Posten leisten. Ich selbst habe in Berlin als Landesgeschäftsführerin schon Wahlkämpfe organisiert und als Landesvorsitzende verantwortet, daher weiß ich, wie viel daran hängt. Insofern war es ein ganz bewusstes Ja.

Ates: Ich konnte es zuerst nicht glauben. Als Janine und Martin dann aber fragten, ob ich mir vorstellen könnte, das Amt kommissarisch zu leiten, sagte ich zu. Wir sind in einer entscheidenden Zeit, es geht um sehr viel. Wir lassen einander nicht hängen. In Bayern war ich ebenso wie Katina in Berlin Geschäftsführer und Vorsitzender, da ist mir die Arbeit durchaus bekannt. Als Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands fangen wir auch nicht bei Null an, sondern waren an vielen Vorgängen beteiligt.

Ihr arbeitet als Doppelspitze zusammen. Macht das die Arbeit einfacher, wenn man sich stets abstimmen muss?

Katina: Die Doppelspitze ist eine äußerst sinnvolle Lösung. Zumal es einige Beispiele gibt, dass Partei- und Geschäftsführung doppelt besetzt sind. Es wäre anders auch gar nicht möglich, die vor uns liegenden Aufgaben zu meistern, schließlich sind wir beide auch Abgeordnete. Ich im Berliner Abgeordnetenhaus, dort bin ich Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und Sprecherin meiner Fraktion für Sozial- und Inklusionspolitik.

Ates: Ich bin Bundestagsabgeordneter und Sprecher für Krankenhaus- und Pflegepolitik. Katina und ich kennen und schätzen uns sehr, auf sie ist Verlass. Außerdem ergänzen wir uns gut: Sie aus dem größten Stadt-, ich aus dem größten Flächenstaat. Katina hat jahrelange Regierungserfahrung in einer linken Hochburg, ich stamme aus dem konservativen Wahlkreis Rosenheim, in dem die Grabstätte des Übervaters der CSU, Franz Josef Strauß, nach wie vor eine Art Pilgerstätte ist.

Seht ihr euch als Parteimanager*innen oder doch als politische Geschäftsführer*innen, die sich in die Tagespolitik einmischen?

Ates: Bei der jetzigen Regierung und dem Hass der rechten Hetzer werden auch wir nicht ganz still sein. Aber vor allem wird es um die Organisierung der Wahlkämpfe und die Einbindung der vielen neuen Mitglieder gehen. Wir organisieren den Maschinenraum, damit andere politisch agieren können.

Katina: Wir sind beide politische Menschen, von daher werden wir es nicht ganz lassen können. Allerdings haben wir mit Janine und Martin Parteivorsitzende, die unsere Partei politisch führen, und es gibt auch auf organisatorischer Ebene einiges zu tun. Unser Job ist es, den Vorsitzenden den Rücken freizuhalten und bei Bedarf die Partei nach außen zu vertreten.

Die Situation für die Partei ist alles andere als einfach. Einige Bundestagsabgeordnete haben die Linke verlassen und haben nun ein eigenes Parteiprojekt gegründet. Gleichzeitig kommen wir in den Umfragen nicht richtig voran. Gibt es Dinge, die euch Mut machen?

Katina: Wir stehen als Partei nicht so schlecht da, wie manche gerne behaupten. Die Linke sitzt in drei Landesregierungen und hat mit Bodo einen hervorragenden Ministerpräsidenten. Außerdem stellen wir Bürgermeister*innen und sind vor Ort verankert. Der Parteitag in Augsburg hat zudem gezeigt, dass wir als Partei endlich wieder geeint agieren. Die Zeit des lähmenden Streits ist vorbei. Die vielen Neueintritte sind auch ein Zeichen dafür, dass die Menschen an uns glauben – und die Gesellschaft eine starke Linke braucht. Im Übrigen sind wir trotz der Abspaltung nach rechts in den bundesweiten Umfragen stabil, darauf lässt sich nach oben hin aufbauen.

Ates: Ich sage immer: Als Linker in Bayern muss ich Optimist sein. Aber tatsächlich: Wir sind für die kommenden Europawahlen gut aufgestellt - sowohl personell als auch programmatisch. Wir haben sehr gute, ganz unterschiedliche Spitzenkandidat*innen, mit denen wir eine breite Wählerschicht ansprechen können, mit denen wir der Wut von rechts Hoffnung und Kraft von links entgegenstellen können. Wir werden in diesem Jahr den Grundstein legen für unseren Wiedereinzug in den Bundestag 2025.

Wo liegen eure Schwerpunkte in den nächsten Wochen und Monaten? Was plant ihr, um die Partei fit zu machen für die kommenden Wahlkämpfe?

Katina: Wir haben zwei Säulen für die nächsten Monate: die Vorbereitung der Europawahlen, die Unterstützung der Kommunalwahlen in neun Ländern und die Unterstützung der so zentralen Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. In Thüringen wollen wir unseren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow verteidigen, in den anderen beiden Ländern wieder zweistellig abschneiden. Der andere Schwerpunkt ist neben der Organisation des Hauses die Mitgliederarbeit.

Ates: Wir wollen die 3000 Neumitglieder, die seit Ende Oktober eingetreten sind, bei uns einbinden. Dazu müssen wir mit ihnen ins Gespräch kommen. Wir haben am Montag unsere Telefonaktion: „100.000 Anrufe für eine starke Linke“ gestartet. Bis zum 05. Februar wollen wir zusammen alle Mitglieder unserer Partei anrufen: Wir haben Telefonzentralen in Berlin, Hamburg, Schwerin, Köln, Potsdam, Rostock, Hannover, Kassel, Leipzig, Erfurt, Frankfurt am Main, Stuttgart und München aufgebaut. Unser Ziel ist es, tatsächlich jedes einzelne Parteimitglied anzurufen und für die Wahlkämpfe zu aktivieren. Die Parteivorsitzenden, Katina und ich, unser Ministerpräsident Bodo Ramelow sind am Telefon und rufen Mitglieder an. Wer Lust bekommen hat, sich an der Aktion zu beteiligen, kann sich registrieren unter https://www.zetkin.die-linke.de/o/2/surveys/34. Auch wollen wir Genoss*innen mit gleichen Interessen zukünftig besser vernetzen. Etwa die vielen Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen, die bei uns in den letzten Jahren Mitglied geworden sind. Hier sollen Plattformen für den besseren Austausch entstehen.

Katina: Wir haben eine Menge vor, wir können uns dabei auf hervorragendes ehrenamtliches Engagement und sehr kluge und motivierte Genossinnen und Genossen in der Parteizentrale stützen, die sich voll in die Arbeit stürzen.