COP28 ist Teil des Problems
Hoffnung kommt von unten
- Carola Rackete und Cindy Peter
28 UN-Klimakonferenzen (COP) gab es bereits, und jetzt soll es ein Erfolg sein, dass erstmals in einem Abschlussdokument der Ausstieg aus fossilen Energien auch nur erwähnt wird. Seit 2015 haben sich die Staaten auf diesen Konferenzen verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 2 % zu reduzieren, statt der 43 %, die laut Pariser Abkommen erforderlich sind. Seit der letzten COP haben die wohlhabenden Länder so gut wie nichts in den internationalen Fonds für Schäden und Verluste eingezahlt, der besonders betroffene Länder unterstützen soll. Deutschland beispielsweise stellt lächerliche 92 Mio. € bereit – zufällig genau den Betrag, den 430 Meter der Autobahn A100 in Berlin gekostet haben. Was Klimaschäden kosten? Allein die Flutkatastrophe in Deutschland 2021 kostete über 30 Mrd. €, die Flutkatastrophe in Pakistan 2022 zwischen 30-40 Mrd USD.
In der Zwischenzeit haben fossile Konzerne durch den Krieg in der Ukraine riesige Gewinne gemacht und planen, ihre Produktion auszuweiten. Parallel versuchten über 2400 Lobbyisten für fossile Brennstoffe auf der COP, ihren Angriff auf unsere gemeinsame Zukunft als vernünftigen Fortschritt zu tarnen. Einer von ihnen war der Präsident der Konferenz: Der Chef der nationalen Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, Sultan Al Jaber, wollte das Geschäft mit Öl bei Treffen auf dem Klimagipfel ankurbeln.
Statt soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt der Verhandlungen zu stellen, drängen fossile Konzerne auf untaugliche Lösungen. In ganz Europa werben die Unternehmen für die Abscheidung und Speicherung von CO2 im Boden (CCS). Bislang sind diese Technologien ineffizient, teuer und nicht schnell genug in Masse produzierbar. Sie dienen letztlich dazu, die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu verlängern, mit all den Tagebauen, Gaslecks und Ölteppichen, die wir mittlerweile leider als normal ansehen.
Solche Scheinlösungen ermöglichen es, die Augen vor dem Notwendigen noch ein wenig länger zu verschließen. Und sie verhindern echte Lösungen, für die es an Geld und öffentlicher Aufmerksamkeit fehlt. Der Ausbau von CCS findet sich im Programm der Grünen, fossile Unternehmen wie der deutsche Konzern Wintershall drängen darauf und Länder wie Norwegen fördern CCS. Und warum? Um den Kapitalismus am Laufen zu halten, fossile Brennstoffe zu verbrennen und das europäische BIP wachsen zu lassen - auf Kosten von Leben und Existenzgrundlagen in anderen Ländern.
Eine weitere Verzögerungstaktik der Unternehmen ist die Förderung von noch mehr Märkten für CO2-Zertifikate, die irreführend als “naturbasierte Lösungen" bezeichnet werden. Doch in 80 bis 90 Prozent der Fälle werden die Emissionen durch solche Zertifikate nicht reduziert. Diese marktbasierten Ansätze werden jedoch ausgeweitet. Länder wie Australien und das Vereinigte Königreich sind bereits dabei, ihre CO2-Märkte auf die gesamte Natur auszudehnen, die EU-Kommission plant einen Zertifikate-Handel für die biologische Vielfalt und den Handel mit Wasserverschmutzung.
In Wirklichkeit - und das ist eigentlich offensichtlich - ist der einzige Weg nach vorne das Ende der fossilen Brennstoffe. Diesen Weg sozial gerecht zu gestalten, ist Aufgabe der Regierungen. Das setzt das Ende der Vereinnahmung der Politik durch die Konzerne voraus, und eine weitreichende Umstellung der Industrie weg von allen fossilen Energien. Einige Länder setzen bereits auf diesen Weg und schaffen Alternativen, etwa indem sie einen Sperrvertrag gegen die Förderung fossiler Brennstoffe stützen. 12 Länder, mehr als 2000 Organisationen , darunter die WHO, und mehr als 600.000 Menschen fordern einen solchen Vertrag. Die Länder gehören zu denjenigen, die am stärksten von der Klimakatastrophe betroffen sind.
In Europa würde dieser Vertrag bedeuten, dass keine weiteren Infrastrukturen für fossile Brennstoffe gebaut werden: keine neuen LNG-Terminals von der Ostsee bis zur Adria, eine schnellere Verkehrswende weg von Verbrennungsmotoren und die Verwendung natürlicher statt industriell hergestellter Düngemittel in der Landwirtschaft. Es liegt an uns im globalen Norden, auf der Straße Druck zu machen, damit sich unsere Regierungen anschließen.
Wir wissen, dass die Veränderung letztlich nicht von der COP oder anderen solchen Treffen ausgeht. Der Wandel kommt von unten. Von Orten wie GKN in Campi Bisenzio in Italien, wo Arbeiter und Zivilgesellschaft auf eine ökologische Konversion ihrer verlassenen Autoteilefabrik drängen. Von Bündnissen wie "Wir fahren zusammen", in dem Beschäftigte und Klima-Aktive gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr kämpfen. Von gemeinsamen Initiativen der Bäuer:innen und Aktivisten im ländlichen Raum für das Recht auf Wasser, wie in Frankreich. Von lokalen Widerstandskämpfen gegen LNG-Importe oder Fracking in Texas oder Argentinien.
Gegen die Macht der Konzerne und den Aufstieg rechtsextremer Klimaleugner müssen wir unsere Kräfte bündeln und neue Kooperationen für einen raschen, beteiligungsortientierten Strukturwandel hin zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft aufbauen.