Das Ende des Rechts auf Asyl
Auf dem Treffen der EU-Innenminister*innen in Luxemburg geht es um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Zur Debatte stehen beispiellose Einschnitte in die Rechte von Schutzsuchenden, die zu einer faktischen Aushebelung des Flüchtlingsschutzes und individuellen Rechts auf Asyl in der EU führen würden. Konkret geht es um die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement und die Asylverfahrens-Verordnung. Zu beiden will sich der Rat positionieren, um dann die Verhandlungen mit dem EU-Parlament aufzunehmen. Die EU-Abgeordneten ebneten bereits im April den Weg für die Verhandlungen zum Asyl- und Migrationspakt. Die
Stoßrichtung ist klar: Die Abgeordneten werden den EU-Regierungen nicht in den Arm fallen, wenn diese das Asylrecht weiter aushöhlen wollen. Unter anderem soll es neue Vorschriften für Grenzkontrollen geben. Was unspektakulär klingt, könnte das »Ende des Rechts auf Asyl einleiten«, fürchtet Cornelia Ernst, die migrationspolitische Sprecherin der LINKEN im Parlament. Denn der Teufel steckt im Detail, etwa beim neuen Screening-Verfahren, durch das alle irregulär eingereisten Menschen registriert werden und so eine Identitätsprüfung durchlaufen müssen.
Recht auf Asyl soll abgeschafft werden
Cornelia Ernst warnt: "Heute bereiten sich die EU-Innenminister:innen darauf vor, das Recht auf Asyl in Europa de facto abzuschaffen. Sollte die Bundesregierung das mittragen, ist dies nicht nur ein klarer Bruch des Koalitionsvertrags, sondern sie macht sich auch mitschuldig an der massivsten Verschärfung des europäischen Asylrechts seit Jahrzehnten. Wenn sich die Bundesregierung nicht verweigert, erleidet ihre Glaubwürdigkeit einen Totalschaden.“
Das individuelle Recht auf Asyl sei die zivilisatorische Konsequenz zweier Weltkriege, in denen Millionen Menschen fast nirgendwo Asyl fanden, so Ernst. "Kommt die Reform nach Vorstellungen der Innenminister:innen, wäre dies eine Zäsur. Schutzsuchende werden per Gesetz massenhaft eingesperrt, festgehalten und kriminalisiert. Das ist zugleich ein Plädoyer für ein Europa der Zäune und Mauern, das eine Epoche des Rückschritts einleitet. Die EU-Innenminister:innen werden damit zu Erfüllungsgehilfen der Rechten in Europa, die schon lange Stimmung gegen Schutzsuchende machen. Wie will die EU ein Vorbild sein, Menschenrechtsverletzungen anderswo kritisieren, wenn sie selbst keinen Deut besser ist. Das ist das Ende der viel gepriesenen Werte der EU. Das Vertrauen in fundamentale Menschen- und Bürger:innenrechte wird zerstört und die Bundesregierung spielt hier mit. Das ist eine Schande!“
Orban und Co. sollen sich freikaufen können
Statt einer fairen Verteilung und Aufnahme von Schutzsuchenden auf alle Mitgliedstaaten sollen sich Orban und Co ‚freikaufen‘ können, indem sie Geld an beispielsweise außereuropäische Drittstaaten geben, damit diese die Schutzsuchenden schon aufhalten, bevor sie überhaupt nach Europa kommen. Die derzeit gescheiterte europäische Migrationspolitik soll so zementiert und in ‚Recht‘ gegossen werden, alles auf Kosten der Rechte von Schutzsuchenden. Begründet wird das mit der geradezu absurden Behauptung, eine schlechte Reform sei besser als gar keine. "Doch Menschenrechtsverletzungen lassen sich nicht dadurch bekämpfen, dass man die Rechte der Betroffenen weiter beschneidet. Notwendig ist stattdessen ein unerschütterliches Bekenntnis zum individuellen Recht auf Asyl und eine Rückkehr zur Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Dafür muss die Bundesregierung sich einsetzen“, fordert Ernst.
Die Vorsitzende der LINKEN, Janine Wissler, kritisiert vor allem die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): "Die Innenministerin hat sich bei den Möglichkeiten, das Grundrecht auf Asyl zu verteidigen oder eine menschenfeindlichen Abschottungspolitik zu unterstützen, bedauerlicherweise für das Zweite entschieden. Dass Faeser sich jetzt als Verfechterin für ein gemeinsames Europa aufspielt, ist absurd, wenn sie zeitgleich dafür sorgt, dass die Verantwortung an die Mittelmeerstaaten abgegeben werden soll. Es wäre fatal, wenn Geflüchtete rechtsradikalen Regierungen, wie Italien, ausgeliefert wären.
Jeder Grüne oder Sozialdemokrat, der solche Entscheidungen mitträgt, erteilt Menschenrechten und Solidarität eine Absage."