Die Kraft der Bildung
Ob im Nomadenlager inmitten von Sibiriens Schneemassen, im stickigen Buschland von Burkina Faso oder auf Booten in den überfluteten Gebieten Bangladeschs: Überall leben Kinder, die was lernen sollen. Dafür braucht es Lehrkräfte, die weite Wege und ungewöhnliches Gelände nicht scheuen. Regisseurin Émilie Thérond hat nun drei von ihnen in ihrem neuen Film „Schulen der Welt“ begleitet. Svetlana Vassileva, Sandrine Zongo und Taslima Akter unterrichten an schwer zugänglichen Orten, haben nichtsdestotrotz mit schwierigen Schülern und Eltern zu tun. Sie haben nicht mal Kollegen oder ein Schulgebäude, sprich, sie arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Sie eint ihre Berufsauffassung: Kindern Bildung zu vermitteln – egal wo!
Akter zum Beispiel unterrichtet in Bangladeschs Schwemmland Kinder, deren Eltern lieber sähen, dass sie zu Hause helfen würden und nicht irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt bekommen, wie etwa arbeiten oder gar studieren zu gehen. Sie arbeitet auf einem abgewrackten Kahn, der zum Schulschiff umgerüstet wurde. Mit bescheidensten Mitteln bringt sie ihren Schülerinnen Lesen und Schreiben bei, verhindert Minderjährigen-Ehen, stiftet Frieden. Vassileva dagegen ist mit dem Motorschlitten schon mal 200 Kilometer in der Tundra unterwegs, um unwilligen Kindern Einzelunterricht zu geben. Und Zongo lässt ihre Familie zurück, um auf dem Land in der Provinzschule zu arbeiten.
Vor der Kamera kommen Lehrerinnen, Eltern und Schüler zu Wort. Ein Kaleidoskop von Bildung ohne große Systeme, die allein vom Einsatz der Lehrkräfte lebt.
Das Thema Bildung war und ist durchaus Thema im Kino - sei es „Herr Bachmann und seine Klasse“, der 2021 auf der Berlinale und anschließend preisgekrönt im Kino lief, oder demnächst am 4. Mai auch „Das Lehrerzimmer“ von lker Çatak, eine Reflexion über den Druck, der auf den Lehrkräften liegt. Allerdings fehlt beiden der Drive, den Théronds überaus flott gedrehte Dokumentation an den Tag legt: Der Lehrer Bachmann hat für die Selbstdarstellung seiner Arbeit in einer Unterstützungsklasse von Migranten, die schlecht oder noch gar nicht Deutsch sprechen, immerhin dreieinhalb Stunden Zeit, das zunächst ambitionierte „Lehrerzimmer“-Drama versackt unverständlicherweise im Slapstick.
Die „Schulen dieser Welt“ kommt ohne Witzchen aus, sind aber ganz und gar nicht witzlos. Und jedenfalls absolut sehenswert.
„Schulen dieser Welt“. F 2019. Regie: Emilie Thérond. Kinostart: 27. April 2023