No Pasarán
Wo Rechte an die Macht kommen, hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung
- Alicja Flisak (Bereich Internationale Politik in der LINKEN)
- Martin Heinlein
Trotz der noch geltenden Corona-Regeln für Veranstaltungen war der Saal im FMP1-Gebäude gut gefüllt. Zählt man die Online-Zuschaltungen hinzu, verfolgten über 300 Interessierte und Aktivisten die antifaschistische Konferenz „¡No Pasarán! Stop the far right: Building the Alternative“ am 19. März 2022 in Berlin.
Veranstaltet wurde „No Pasarán“ von der Partei der Europäischen Linken, der Partei DIE LINKE sowie von der Stiftung transfrom!Europe. Eingeladen waren Vertreter*innen linker Parteien, von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen sowie Mitglieder antifaschistischer Initiativen. Ziel der Konferenz war es zum einen, ein radikales linkes Gegennarrativ zur rechtsextremen Manipulation von ineinandergreifenden Krisen zu fördern und eine stärkere europaweite Mobilisierung gegen Rechts zu erreichen. Zum anderen ging es den Teilnehmer*innen darum, gemeinsam Strategien gegen die extreme Rechte zu beraten sowie Ideen für eine friedliche, gerechte und solidarische Welt zu entwickeln. Die Konferenz war zudem eine gute Möglichkeit, Einblicke in den politischen Kampf der teilnehmenden Aktivisten und Organisationen zu gewinnen und sich über Erfahrungen, Analysen und Strategien auszutauschen – und dadurch die Einheit der Linken und der progressiven Bewegungen in Europa zu stärken. Und ganz nebenbei: Nach den unzähligen Videokonferenzen der vergangenen Monate war die Konferenz in Berlin für alle auch ein schönes Erlebnis, weil man sich wieder einmal persönlich begrüßen, in den Arm nehmen und auf Erreichtes und vor uns Liegendes das Glas erheben konnte.
Die Konferenz bildete den Auftakt für die Mobilisierungskampagne zum „Internationalen Tag gegen Rassismus“, der jährlich am 21. März begangen wird. Dieser Tag erinnert an die Proteste gegen die Passgesetze des Apartheid-Regimes 1960 in Sharpeville, Südafrika. Die Passgesetze regelten das „Aufenthaltsrecht“ der schwarzen Bevölkerung. Der friedliche Protest dagegen wurde von der Polizei niedergeschlagen, 69 Menschen starben. Dieser Tag ging als das Massaker von Sharpeville in die Geschichte ein. Die Vereinten Nationen riefen 1966 den 21. März als Gedenktag aus, der später zu den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ erweitert wurde.
Der erste Teil der Konferenz beschäftigte sich mit der Internationalisierung der extremen Rechten. In den Beiträgen widmeten sich die Referent*innen schwerpunktmäßig der Frage, inwiefern der Neoliberalismus vom Rechtsextremismus aufgegriffen und für seine Zwecke eingesetzt wird. Rechtsextreme Antworten bezüglich neuer Unsicherheiten in Arbeit und Alltag beeinflussen z.B. die gewerkschaftliche Arbeit oder erscheinen in medialen Diskursen – sie finden sich eben nicht nur am Rand, sondern in der Mitte der Gesellschaft. In verschiedenen europäischen Ländern zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen, aber auch Gemeinsamkeiten, die die Frage aufwerfen, wie diesen Prozessen ein solidarisches politisches Handeln entgegengesetzt werden kann.
Auch die Corona-Pandemie war ein Thema der Konferenz: Seit dem Frühjahr 2020 kommt es in zahlreichen europäischen Ländern zu Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Diese Proteste weisen auch auf gravierende politische Folgen oder negative wirtschaftliche Auswirkungen hin; andere haben Narrative über die „wahren Hintergründe“ der Pandemie oder die Maßnahmen der Politik verbreitet. Angesichts der bereits in der Frühphase der Proteste auftauchenden Symbole der extremen Rechten wurde auf der Konferenz die Frage diskutiert, welche Erfolgsaussichten die Rechte in dieser Protestbewegung haben und was man dem entgegensetzen kann.
Ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz war das Stärkerwerden der Rechten, was zu Angriffen auf unsere Rechte und Freiheiten und zu einer Zunahme von Rassismus und Islamophobie in Europa führt. Wo immer die Rechten an die Macht kommen, hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung. Sie vertiefen systematisch soziale Ungleichheiten, torpedieren bereits errungene soziale Rechte und bedrohen die Demokratie. Insbesondere indigene Gemeinschaften, Schwarze und LGBTQ sind von Rassismus und Entrechtung betroffen.
Natürlich war auch der Krieg in der Ukraine ein Thema der Konferenz und ein Referenzpunkt vieler Analysen. „Wir bekunden unsere Solidarität mit den Demonstrierenden gegen den Krieg in der Ukraine“, sagte Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Europäischen Linken und Chef der Internationalen Kommission der Partei DIE LINKE. Das beste Mittel gegen Rechtsextremismus, so Heinz Bierbaum, sei eine starke Linke. „Wir setzen uns für eine Politik der Abrüstung und des Friedens ein“.
Trotz der vielen Hürden, die vor den linken und progressiven Kräften stehen, wurde klar: Die internationale Linke wird gebraucht als laute Stimme gegen den Krieg, gegen Rassismus und für eine solidarische Gesellschaft für alle. Es gibt viele Herausforderungen –, aber auch Siege, bei denen die Menschen Hass und Angst besiegen und für eine andere Vision der Gesellschaft mobilisieren können. Wir brauchen eine breite Mobilisierung gegen Rassismus und gegen Nazis und werden gemeinsam daran arbeiten, eine Gesellschaft aufzubauen, in der es keinen Platz für Faschismus gibt.
In der Abschlusserklärung der Konferenz heißt es: „Wir werden mit all unserer Kraft zurückschlagen, Bewegungen aufbauen, uns über Grenzen hinweg vereinen, Gewerkschaften verteidigen und stärken, gemeinsam im Einsatz für internationale Solidarität, mit Migrant*innen, mit Frauen, mit LGBTQ-Gemeinschaften, mit Menschen mit Behinderung und all denen, die angegriffen werden.“
Die Teilnehmenden der Konferenz waren sich einig, ein neues, wirksames Narrativ zu schaffen, dessen Basis die Lebenswirklichkeit der Menschen ist und mit dem wir beitragen können, eine andere Gesellschaft aufzubauen, in der es keinen Platz für Faschismus, ganz gleich in welcher Form, gibt. ¡No Pasarán!