Zwei Kinotipps

Filmkulisse Kabul

KABUL CITY IN THE WIND | Trailer deutsch german [HD]

Die Lebensverhältnisse in Afghanistan thematisieren in diesem November gleich zwei Filme. Im Episodenwerk „Kabul – City in the Wind“ wird der 12-jährige Afghane Afshin unversehens zum Familienoberhaupt. Der Vater verlässt das Land – er steht als Soldat der afghanischen Armee auf der Todesliste der Taliban. Der Junge ist vollauf beschäftigt, das Haus in Ordnung zu halten und das Leben zu meistern. Schließlich muss er sich auch um den kleinen Bruder kümmern. Und er schlägt sich mit Bravour.

Anders als Abas: Der Busfahrer hat Schulden und ist drogenabhängig. Anschläge bestimmen den chaotischen Alltag, der Bus kommt jeden Tag mit anderen Einschusslöchern ins Depot. Nur selten hat Abas glückliche Momente…

Regisseur Aboozar Amini ist selbst als Teenager aus Afghanistan geflohen, studierte in Holland und filmt hier paradigmatische Szenen des afghanischen Alltags zwischen Armut und Bombenanschlägen. Die Ereignisse - der erneute Siegeszug der Taliban - haben seinen Film zwar in Teilen überholt. Nichtsdestotrotz bleibt er als künstlerischer Wert an sich bestehen.

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Anders sieht das bei „Kabul Kinderheim“ aus, dem Film von Shahrbanoo Sadat, die erst vor wenigen Wochen von Kabul nach Hamburg geflohen ist. Er ist Ende der 1980er Jahre angesiedelt, und bald werden die Taliban das Land - zum ersten Mal - erobern.

KABUL KINDERHEIM Trailer German Deutsch (2021)
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Noch aber dominieren andere Verhältnisse, die stark unter dem Einfluss der benachbarten Sowjetunion stehen. Auch in Sadats Film steht ein Jugendlicher im Blickpunkt, der 15-jährige Straßenjunge Quodrat, der vom Bollywood-Kino träumt und Kinokarten verkauft. Er wird von den Behörden eingesammelt und in ein Heim gebracht.

Dort herrscht zwar der Direktor mit strikten Methoden, aber die Jungs lernen auch was anderes, als sich gegenseitig zu mobben, Dinge, die sie weiterbringen. Die Lehrer sind top engagiert und können die Jugendlichen motivieren, ihre Interessen zu entwickeln. Höhepunkt ist ein Flug nach Moskau, wo sie das Lenin-Mausoleum besuchen und die Gelegenheit erhalten, gegen russische Jugendliche und sogar einen Computer Schach zu spielen.

Und wenn es mal nicht so gut klappt, träumt sich Quodrat hinein ins indische Kino, wo er, der Held in der Hauptrolle, alle Probleme im Griff hat, mit prima Frisur und Kampfeinlagen.

„Kabul Kinderheim“ basiert auf realen Jugenderinnerungen eines Freundes der Regisseurin, die daraus einen umwerfend schönen Film gemacht hat: nicht nur über Afghanistan, sondern übers Kino und seine Bedeutung als Ort der Inspiration. Und über einen Bildungsbetrieb, der einem durchaus schon mal den richtigen Weg weisen kann.

Zwei Filme also, ganz unterschiedlich, aber beide bestens gelungen.

„Kabul Kinderheim“, im Kino ab 4. November 2021
„Kabul, City in The Wind“, im Kino ab 18. November 2021