Stärke leben
„Bis gestern kannte mich nur der Mann, der mich angegriffen hat. Jetzt die ganze Welt. Ich bin eine Überlebende sexueller Gewalt“, sagt eine der vielen Protagonistinnen, die für den Film "Woman", vor die Kamera getreten sind, der von vielen Initiativen und Verbänden unterstützt wird. Das Gesicht verätzt von einem Säureattentat des Ehemannes, Verletzungen von Schlägen und Verstümmelungen von Mordversuchen: Die 2.000 Frauen aus 50 Ländern, die an diesem Projekt mitwirkten, haben nicht immer Gutes davon zu berichten, was Frau sein heute bedeuten kann.
„Schlichtweg: Es geht um Leben oder Tod. Frauen müssen reden. Aber vor allem muss ihnen zugehört werden“, sagt Regisseurin Anastasia Mikova. In diesem Film schildert die eine Hälfte der Menschheit ihre Sicht auf Mutterschaft, Bildung, Sexualität, Geschlechterdebatte, Arbeit, Folter, Entführung, abstruse Schönheitsideale und die Vorteile finanzieller Unabhängigkeit.
Sie arbeiten in der Landwirtschaft, informell, auf dem Bau, haben die Miss-Wahl gewonnen, fahren Bus, leiten die PR-Abteilung oder eine Regierung. Hier sprechen Frauen aus den vollsten und leersten Ecken der Welt von ihren Erfahrungen und Lebensgewohnheiten.
Sie reden auch davon, was für sie ein schönes Leben bedeutet. Und neben den vielen Ungerechtigkeiten, denen Frauen weltweit ausgesetzt sind, weil sie Frauen sind, geht es darum, wie sie Stärke ausleben - sei es im Krieg wie auch im ganz normalen Alltag: "Ich bin Geldautomat, Sozialarbeiterin, Anwältin, Boxsack - Frauen haben jeden Tag so viel zu tun wie ein Minister", sagt eine berufstätige Mutter.
Hier entsteht ein umfassendes, eigenwilliges und anderes Bild der Welt durch alle Klassen und Schichten hindurch. "Woman" ist trotz aller gezeigten Härten eine absolut sehens- und hörenswerte Weltreise.
"Woman". Regie: Anastasia Mikova und Yann Arthus-Bertrand. F 2020. Als Stream auf https://vimeo.com/womanonlinekino