LINKE fordert mehr Transparenz bei Corona-Impfstrategie
Während mögliche Impfstoffe gegen Covid 19 noch in der Erprobung sind, diskutiert die Bundesrepublik bereits eine mögliche Impfstrategie. Auch wenn ein solcher Impfstoff alle Zulassungen erhält, wird es anfangs nicht genug Impfdosen für alle Bundesbürger*innen geben. So stellt sich die heikle Frage, wer soll hier bevorzugt werden? In einem am Montag veröffentlichen Positionspapier empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), zuerst ältere Menschen und Angehörige anderer Risikogruppen sowie Beschäftigte im Gesundheitswesen zu impfen. Die STIKO hatte das Papier zusammen mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeitet. Die Autor*innen erwarten, dass erste Impfstoffe zum Schutz gegen COVID-19 „bereits Anfang 2021 zugelassen werden“. Die ethischen und rechtlichen Prinzipien, nach denen eine Priorisierung zu erfolgen hat, stünden aber bereits fest, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung vom Montag. Demnach schlagen sich die „ethischen und rechtlichen Prinzipien“ in konkreten Impfzielen nieder: Wer schwere Verläufe und Todesfälle verhindern will, muss Risikogruppen bevorzugt impfen. Zudem auch die Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen und Menschen, die für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens unverzichtbar sind.
Parlamente, Sozialverbände und Gewerkschaften mit einbeziehen
Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, begrüßte den ersten Aufschlag zur Impfstrategie. „Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass auch Sozialverbände und Gewerkschaften bei der Erarbeitung einbezogen worden wären. Dieser Vorschlag für eine Impfstrategie muss jetzt gesamtgesellschaftlich diskutiert werden. In den Parlamenten, aber auch an einem Runden Tisch mit den betroffenen Verbänden. Da gehören aus meiner Sicht Sozialverbände und Gewerkschaften unbedingt dazu“, betonte Kipping. „Vor allem wird eine transparente und offene Debatte mit allen Beteiligten viel zur Akzeptanz der Impfstrategie beitragen. Sie einfach autoritär von oben herab zu beschließen, täte der Sache keinen Gefallen“, ergänzte Kipping.
Deutliche Kritik am Verfahren kam am Montag vom gesundheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Achim Kessler: „Dass die Impfstrategie allein von der Exekutive in Bund und Ländern konzipiert wird, beschädigt die Akzeptanz der Bestimmungen schwer, nicht zuletzt weil eine solche Verteilung knapper Güter eine große Sprengkraft birgt. Die Impfstoffverteilung berührt wichtige ethische und verfassungsrechtliche Fragen. Völlig zu Recht wird im Positionspapier darauf hingewiesen, dass dies eine vom Parlament beschlossene gesetzliche Regelung erfordert. Die heute vorgelegten Vorschläge sind sehr wertvoll, aber sie ersetzen nicht den politischen Diskurs unterschiedlicher Meinungen und Perspektiven“, so Kessler.
Ein Drittel der Deutschen will sich nicht impfen lassen
Dahingegen begrüßte es Kessler, „dass den Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich eine hohe Priorität bei der Impfstoffverteilung eingeräumt wird. Das ist nicht nur deshalb sinnvoll, weil bei ihnen eine Ansteckungsgefahr aus der Arbeit heraus existiert und weil gerade diese Menschen besonders eng mit Risikogruppen umgehen. Es ist auch eine ethische Verpflichtung des Staates, die aus der oft aufopferungsvollen Arbeit dieser Menschen gerade in der momentanen Krisensituation resultiert“.
Tatsächlich muss die Bundesregierung ihre Kommunikation hier deutlich verbessern. Nach aktuellen Umfragen will sich ein Drittel der Bundesbürger nicht gegen Corona impfen lassen. Das könnte fatale Folgen für alle haben. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bräuchte es eine Durchimpfungsrate von 55 bis 65 Prozent der Bevölkerung, um die Dynamik der Corona-Pandemie zu stoppen. Bei Windpocken oder Masern liegt die Zahl sogar bei mehr als 90 Prozent. Eine Impfpflicht lehnt Spahn jedoch ab. Ebenso wie die Autor*innen des Positionspapiers, die „eine undifferenzierte, allgemeine Impfpflicht“ ausschließen.