"Wir merken, wie sehr dieser Raum gebraucht wird"

Kämpferisch vor dem neuen Büro

Im oberpfälzischen Weiden eröffnete Stadtrat Ali Zant mit Hilfe seines Kreisverbandes am 20. September das LINKE Bürgerbüro. Erst im Mai dieses Jahres ist Ali als erster LINKER Rat in das Kommunalparlament gewählt worden. Doch die LINKE aus der Nordoberpfalz hat noch mehr vor: Bis zum Januar 2021 soll das Büro zum ersten Kreisbüro der Partei in der Region und einem LINKEN Nachbarschaftszentrum werden. Trotz fehlender Mittel, trotz Corona. Wie soll das gehen?

Ein Interview mit dem Kreisschatzmeister Thomas Wipper und dem Kreisvorsitzenden Stefan Lobinger

Im September wurde gerade das erste LINKE Bürgerbüro in eurem Kreisverband eröffnet. Bis zum Januar soll daraus euer Kreisverbandsbüro werden, das ihr für andere Initiativen öffnen wollt. Warum nutzt ihr das Büro nicht erstmal nur für euch?

Stefan: Wir sind noch ein ziemlich kleiner Kreisverband und beginnen gerade erst zu wachsen. Für unsere Treffen, aber auch für Beratungen und dem Vorbereiten von Aktionen braucht es einen Raum, das war schnell klar. Allerdings kennen wir die Bilder aus anderen Orten: die Kreisgeschäftsstelle ist oftmals nur an wenigen Tagen in der Woche offen, weil es überhaupt keine Ressourcen gibt, die ganze Zeit ein Programm anzubieten. Da haben wir uns gedacht: Wenn wir schon so viel Zeit, Geld und Energie in die Schaffung eines Raumes zur Organisierung investieren, dann sollte der so oft wie möglich genutzt werden – eigentlich sollten da ständig Treffen oder Veranstaltungen stattfinden. Doch wir allein können das gar nicht füllen und Weiden braucht eine aktive solidarische Zivilgesellschaft über die LINKE hinaus.

Thomas: Wir hatten über einen Zeitungsartikel vom linxxnet (https://www.linxxnet.de/) in Leipzig erfahren und das hat uns sofort eingeleuchtet: LINKE Politik braucht eine Basis, eine gesellschaftliche Verankerung. Das wollten wir mit unserem Büro auch erreichen. Doch wir haben hier andere Bedingungen als in Leipzig. Vor allem haben wir keine LINKEN Landtagsabgeordneten, die uns bei der Finanzierung des Büros unter die Arme greifen können. Darum mussten wir kreativ werden.

Wie finanziert ihr denn euer Büro?

Thomas: Die Finanzierung basiert auf drei Säulen: Die erste besteht aus der Mandatsträgerabgabe, also der monatlichen Spende von unserem Stadtrat Ali Zant. Die zweite sind unsere Mitgliedsbeiträge: Wir sind zwar nicht allzu viele Mitglieder, aber wenn jede und jeder noch einen Euro drauflegt, kommt da auch etwas zusammen. Die dritte Säule ist ein neuer Weg, den wir noch nie gegangen sind: Wir suchen Büropaten. Damit meinen wir Leute, die uns mit einer regelmäßigen Spende unterstützen und dadurch real zu Pat:innen werden.

Stefan: Genau genommen sind das natürlich Spenden an den Kreisverband, aber die Leute geben das Geld konkret für den Raum und den Unterhalt, wodurch sie Teil der Idee sind, einen solidarischen und zivilgesellschaftlichen Raum gegen Rechts mit aufzubauen. Ob sie ihn nun selbst nutzen oder anderen damit die Nutzung ermöglichen, sie sind mit der Patenschaft auf jeden Fall Teil davon und werden auch regelmäßig über den weiteren Prozess informiert. So wollen wir eine Community um das Büro herum aufbauen. Raus aus unserer Blase, wie es heute so oft heißt.

Warum ist das in Weiden so wichtig?

Thomas: In Weiden gibt es ein großes Problem mit rechten Gruppierungen. Da gibt es eine aktive NPD und auch die AfD ist mit zwei Landtagsmandaten präsent – und im rechten Flügel verortet. Selbst die „Identitäre Bewegung“ ist in der Öffentlichkeit immer wieder am Start. Der bundesweit bekannte Rechtsextremist Patrick Schröder, der das rechtsextreme Medienportal FSN betreibt und vor allem im Osten Rechtsrockkonzerte organisiert, ist auch hier ansässig. Dementsprechend sind auch die sogenannten Querdenker-Demonstrationen in Weiden sehr stark und von Rechtsextremen dominiert. Erst letzte Woche hat der SPD-Bürgermeister aus Neustadt an der Waldnaab – eine Nachbarstadt von Weiden – eine Morddrohung erhalten, weil er sich klar gegen die Querdenker-Demonstration positioniert hat. Die Probleme sind also sehr real und sie spitzen sich gerade zu. Dagegen hilft nur eine breite und bunte, solidarische Zivilgesellschaft. Kürzlich hat sich ein neues Bündnis gegründet, das dem etwas entgegensetzt: Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte - Weiden/Neustadt. Da sind inzwischen schon 60 Menschen engagiert - das geht von kirchlichen bis zu anarchistischen Hintergründen, von Politikern bis Musikern.

Euer Raum ist ja ein ehemaliges kleines Ladenlokal und sicher nicht groß genug für ein Treffen von 60 Personen – wie stellt ihr euch denn konkret die Nutzung vor?

Thomas: Vor allem soll es nicht „Linker Raum“ heißen – wir suchen derzeit noch nach einem passenden Namen und haben auf unserem Sommerfest schon angefangen, Vorschläge zu sammeln. Konkret gibt es erstmal nur Ideen: Ein AK Antirassismus befindet sich in Gründung und eventuell gründet sich eine AG Tierschutz. Dann könnten wir uns vorstellen, dass konkrete Beratungsangebote bei uns realisiert werden – eine Mieterberatung fehlt in Weiden und auch eine Anlaufstelle für Betroffene von rassistischer Gewalt wäre nötig. Aber das muss sich erstmal etablieren. Das ist natürlich unter den neuen Lockdown-Bedingungen auch komplizierter geworden.

Stefan: Das ist doppelt ärgerlich, weil der Prozess der Öffnung eigentlich ganz gut begonnen hat: Ende August haben wir mit unseren Mitgliedern angefangen, über die Öffnung zu reden und weitere Ideen zu sammeln. Die Eröffnung als Bürgerbüro haben wir dann mit einem Sommerfest genutzt, um den Ort auch in der Nachbarschaft und in der Stadtöffentlichkeit bekannt zu machen. Dann kamen die ersten Anfragen. Nachdem das Lager in Moria Flammen stand, gab es eine spontane Sammelaktion für Sachspenden für Moria. Da konnten wir unseren Raum als Sammel- und Verladestation für den Transport nach Moria nutzen. Der Zuspruch war enorm. Das war einfach super, wie das Hand in Hand ging und sofort ganz praktisch genutzt wurde. Genau so hatten wir uns das auch vorgestellt. Wir merken, wie sehr dieser Raum gebraucht wird. Der Prozess ist jetzt zwar erstmal unterbrochen, aber der Lockdown wird auch nicht ewig dauern und auch die Zeit nach dem Winter wird kommen – und vermutlich von sozialer Kälte gezeichnet sein. Da sind solidarische Räume wichtiger denn je, davon sind wir überzeugt!

Das klingt gut. Sucht ihr denn noch Unterstützer*innen oder Büropaten?

Stefan: Ja, klar – beides! Gerade der Lockdown haut jetzt natürlich ordentlich rein. Wir brauchen bis zum Dezember noch etwa 30 Pat:innen, damit wir das Büro ab Januar noch halten können, mehr Geld haben wir derzeit nicht in unserer Kasse. Wenn ihr also eine Patenschaft für 5 Euro (oder mehr) monatlich übernehmen könnt, dann meldet euch!

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!

Du willst Büropat*in werden? Dann melde Dich hier:
DIE LINKE.Nordoberpfalz
Braunmühlstr. 6
92637 Weiden
oder per E-Mail: nordoberpfalz@die-linke-bayern.de

https://www.die-linke-nordoberpfalz.de/

https://www.die-linke-nordoberpfalz.de/fileadmin/kvweiden/user/upload/2_5454381335164488325.pdf