Das ist unser Haus!
„Was wir wollen: Freizeit ohne Kontrollen!“ Im Schatten der 68er Revolte gegen alte Strukturen und Nazi-Kontinuitäten bildete sich in den 1970er Jahren gerade in kleineren Städten Deutschlands eine Demokratie-Bewegung rund um Jugendzentren und -häuser aus. Junge Leute, gerade auch Lehrlinge, hatten es satt, keine Räume zu haben. Die Ideen der 68er spiegelten sich nun auf kommunaler Ebene wieder: „Das war schon irre! Quer übers Land gab es in jedem dritten Kaff so eine Bewegung“, wie es der frühere Aktivist Bernd Köhler in dem wundervollen Dokumentarfilm „Freie Räume“ ausdrückt.
Mit der Jugendzentrumsbewegung und der Einrichtung einer großen Zahl selbstverwalteter Jugendzentren kam es zu politisch-kulturellen Aufbrüchen - und vor allem: Erfolgen. Denn die politisierende Jugendkultur breitete sich in ländlich-kleinstädtischen und auch in suburbanen Räumen aus. Leerstehende Funktionsbauten wurden kurzerhand besetzt und den Kommunen abgefordert. Und nicht zuletzt legalisiert. Das war konkrete Politik von unten – und sage niemand, dieser Film sei nur von historischem Interesse: Das Maß und die Geschwindigkeit, mit denen die freigekämpften Areale heute im Zuge von Privatisierung und Kommerzialisierung in Konzerneigentum übergehen, ist immens. Freie Räume? Die Häuser denen, die sie nutzen, muss es jetzt heißen! Insofern ist dieser tolle Film ein idealer Anknüpfungspunkt für heutige Debatten.
Kinostart: 24. September 2020