ZDF-Sommerinterview

"Mehr Menschen begeistern"

Mehr Begeisterung!

Die Vorsitzende der LINKEN, Katja Kipping, bezeichnete die Anti-Corona-Demos vom Wochenende als "Aufruf zur Rücksichtslosigkeit". Wer dazu aufrufe, "auch im Alltag nicht die Maske zu tragen", gefährde "nicht nur sich selber, sondern auch andere", sagte Kiping im ZDF-Sommerinterview. Man müsse in der Pandemie an die gesundheitlich und sozial Schwachen denken, die von Corona stärker betroffen seien, mahnte die Parteivorsitzende. Scharfe Kritik richtete Kipping aber auch gegen die Bundesregierung. Schwarz-Rot hätte hätte bei den Maßnahmen in der Corona-Krise zu wenig Rücksicht auf die sozial Schwachen genommen. Beim Rettungsschirm hätte man gerade die ignoriert, die Hilfe am nötigsten gehabt hätten. "100 Euro Corona-Aufschlag für die Ärmsten waren drin, das hat die CDU ausgebremst", so Kipping. 
Zudem gab sie der Regierung eine Mitschuld an den jüngsten Massenausbrüchen von Covid 19: Union und SPD hätten früher darauf drängen müssen, "Massenunterkünfte wie bei Gastarbeitern bei Fleischereien durch dezentrale Unterbringung zu ersetzen". Die Vermeidung solcher Hotspots wäre im Kampf gegen das Coronavirus wichtig. Zudem brauche es "massenhaft Tests, aber kostenlos", betonte sie.

Sommerinterview mit Katja Kipping
  • ZDFheute Nachrichten

Wichtige Themen auf die Agenda gesetzt

Kipping wehrte sich gegen die Vorwurf, DIE LINKE sei mit momentan 7 Prozent genau dort, wo sie 2012 stand, als Kipping zusammen mit Bernd Riexinger den Parteivorsitz übernommen hatte. Zur Bilanz gehöre auch, „dass DIE LINKE jetzt bundesweit eine akzeptierte Kraft ist, mit der man rechnen muss“. Davon zeuge der erste Ministerpräsident der LINKEN in Thüringen ebenso wie die erste westdeutsche Regierungsbeteiligung in Bremen. „Wir haben die Partei modernisiert und junge, neue Mitglieder gewonnen“. Zudem hätte DIE LINKE wichtige soziale Themen wie den Pflegenotstand und bezahlbares Wohnen gesellschaftliche auf die Agenda gesetzt.
Mit Blick auf derzeitigen Umfragen meinte Kipping: „Viele Menschen, die Sympathien für unsere Inhalte haben, bezweifeln, dass wir das wirklich umsetzen können. Wenn wir ausstrahlen: Wir können und wir wollen das umsetzen, um die soziale Spaltung zu überwinden, gehen wir auch in eine Regierung. Dann können wir mehr Menschen begeistern“. Kipping warb für eine rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene. „Wir haben eine Klimakrise, die soziale Spaltung und einen Rechtsruck. Um diesen Krisen zu begegnen, brauchen wir eine sozial-ökologische Wende“. Die sei aber nur umzusetzen, „wenn alle Parteien links der Union zusammenarbeiten und wenn zweitens DIE LINKE deutlich stärker wird“. Natürlich habe auch der Klimaschutz Priorität, allerdings sei es "ein großer Irrtum zu denken, man könne Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gegeneinander ausspielen", unterstrich sie.

"Nato schafft sich allein ab"

Als möglicher Stolperstein für ein rot-rot-grünes Bündnis gilt die Außenpolitik. Hierzu meinte Kipping: „Die Nato schafft sich gerade von allein ab", das sei Erdogan und Trump zu verdanken. "Das müssen wir gar nicht in Koalitionsverhandlungen diskutieren. Das hat bereits Donald Trump erledigt", sagte sie. DIE LINKE wolle "außenpolitisch umsteuern, hin zu einer multilateralen Friedensordnung, zur Abrüstung und zur Entspannungspolitik". Deutliche Worte fand Kipping für China und sein Vorgehen in Hongkong: "Wo Menschenrechte verletzt werden, muss man sich dem entgegenstellen, und zwar ganz unabhängig davon, von wem das passiert." Auch in ihrer Partei gebe es da durchaus noch "Verbesserungsbedarf", räumte sie ein. "Das sage ich in Richtung von Linken, die meinen, bei China müsse man nicht ganz so streng sein."