Für eine Verkehrswende, die niemanden zurücklässt

Ob im Süden Brasiliens oder im Saarland, die Folgen der gefährlichen Erderhitzung werden jeden Tag deutlicher. Es braucht dringend Antworten und Lösungen, die niemanden finanziell überfordern und dafür sorgen, dass Reiche und Konzerne für den Umbau zahlen – nicht Normalverdienende. Denn Klimaschutz im Interesse der großen Mehrheit wäre möglich. Doch genau hier versagen Bundesregierung und EU-Kommission. „Man muss sagen, dass Hitze und Unwetter das neue Normal geworden sind. Jetzt ist es Zeit, gegenzusteuern – auch im Verkehrssektor, der ja schließlich für ein Viertel aller CO₂-Emissionen verantwortlich ist“, so Martin Schirdewan, Bundesvorsitzender der Linken auf einer Pressekonferenz am Montag.

Als Alternative zum planlosen Agieren der EU-Kommission und Bundesregierung stellte der Parteivorsitzende der Linken ein Sieben-Punkte-Konzept vor, wie der sozial gerechte Umbau des Verkehrssektors gelingen kann. „Weil die Verkehrspolitik der Ampel in der Sackgasse steckt, schlagen wir als Linke heute hier konkrete Schritte vor, mit denen wir endlich die überfällige Verkehrswende voranbringen wollen.“ Und anders als die Regierungsparteien hat die Linke hier die große Mehrheit im Blick: „Unser Grundsatz dabei ist, dass es bei niemandem am notwendigen Geld für Mobilität scheitern soll, ganz im Gegenteil.“

„Deshalb braucht es eine europäische Verkehrswende“, so der Linken-Vorsitzende. Doch weder Bundesregierung noch EU-Kommission haben dazu Konzepte. Insbesondere durch Marktmechanismen wie einem CO₂-Preis wird sich das Problem nicht lösen lassen: „Reiche, die mit Privatjets fliegen oder ein Drittauto haben, können es sich leisten, den CO₂-Preis zu bezahlen, ohne ihr Verhalten zu ändern. Die große Mehrheit der Menschen mit weniger Geld sind auf funktionierende Alternativen angewiesen, um vom Auto umzusteigen“, so das Konzeptpapier der Linken. Martin Schirdewan kritisierte außerdem das planlose Vorgehen der Bundesregierung, die die Sektorziele beim Klimaschutz auch deshalb abgeschafft hat, um einen Gesichtsverlust für Verkehrsminister Wissing zu vermeiden, der in seinem Bereich an wirkungsvollem Klimaschutz krachend scheitert.

Das Maßnahmenpaket der Linken enthält hingegen konkrete Vorschläge für bessere, klimaschonende Mobilität in Stadt und Land. Die Linke will die Transformation der Autoindustrie endlich ernsthaft angehen – auch im Sinne der dort Beschäftigten. Durch das absehbare Ende des Verbrennungsmotors sind in der Branche hunderttausende Arbeitsplätze bedroht. Doch deutsche Hersteller konzentrieren sich fast ausschließlich auf das Hochpreissegment, auch bei elektrischen Fahrzeugen. „Mit diesem kurzfristigen Blick setzt die deutsche Autoindustrie ihre eigene Zukunft aufs Spiel, denn chinesische und französische Konzerne produzieren bereits kleine und bezahlbare E-Autos“, so das Konzept der Linken. Die Partei will ein EU-weites Verbot der Neuzulassung von Neuwägen über 2 Tonnen – selbstverständlich mit Ausnahmen für besondere Bedarfe wie Transporter, Familienkutschen oder Camper. Autohersteller sollen verpflichtet werden, kleine, günstige E-Autos herzustellen, die auch für Normalverdienende erschwinglich sind.

Doch für die Linke ist ebenfalls klar, dass die Verkehrswende keine reine Antriebswende bleiben darf. Die Konversion von Fabriken zur Produktion von E-Bussen und Schienenfahrzeugen soll deshalb durch die EU unterstützt werden. Denn in ganz Europa müssen öffentliche Verkehrsangebote stark erweitert werden. Durch einen europaweiten Ausbauplan für die Verkehrsinfrastruktur soll Sicherheit und Planbarkeit entstehen – auch für die Beschäftigten. Damit das ÖPNV-Angebot deutlich ausgeweitet werden kann, müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten Kommunen dafür finanziell erheblich besser ausstatten. Auf dem Land muss der ÖPNV zur echten, realistischen Alternative werden, in der Stadt zum Verkehrsmittel der Wahl.

Perspektivisch will die Linke, dass der Nahverkehr in der ganzen EU kostenlos wird. Erfolgreiche Beispiele hierfür sind etwa die französische Großstadt Montpellier – aber auch Templin in Brandenburg, wo das ÖPNV-Angebot seit Jahren kostenlos ist. Die Erfahrungen mit dem Neun-Euro-Ticket zeigen, dass die Nachfrage nach günstigen Verkehrsangeboten enorm ist. Das 49-Euro-Ticket war zwar ein unnötiger Rückschritt, doch auch seine Einführung hat zu deutlich volleren Zügen geführt. Die Linke will das Angebot attraktiver machen und beim Abschluss eines Abonnements sechs jährliche Freifahrten im Fernverkehr zur Verfügung stellen. Junge Menschen sollen nach österreichischem Vorbild ein kostenloses Klimaticket erhalten.

Außerdem will die Partei den Privatisierungswahn im Verkehrssektor beenden und europaweit die Rolle kommunaler Verkehrsunternehmen stärken. Dem Personalmangel im Verkehrswesen will die Linke durch bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und Tarifbindung sowie eine Ausbildungsoffensive begegnen.  

Natürlich muss eine sozial gerechte Verkehrswende auch finanziert werden. Eine EU-weite Wiedereinführung der Vermögenssteuer könnte jährlich bis zu 286 Milliarden Euro einbringen – mindestens 94 Milliarden Euro allein in Deutschland. Klimaschädliche Subventionen, etwa für den Bau neuer Flughäfen und Autobahnen, will die Linke hingegen abschaffen.