Kündigungswelle aufgrund Bürgergeld bleibt aus
Das mit der Wahrheit ist ja so eine Sache und manchmal tut die Wahrheit weh. Seit Beginn der neuen Bürgergeld-Ära ätzen die konservativen rechten Parteien gegen das Bürgergeld und deren Leistungsberechtigten. Das Bürgergeld würde dazu führen, dass es angenehmer wäre in der sozialen Hängematte zu liegen, als den ganzen Tag zu malochen. Eine Kündigungswelle überrollt Deutschland, damit man Sozialleistungen beziehen kann. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, um gegen die Erwerbslosen und gegen das Bürgergeld zu hetzen. Von Kürzungen war die Rede, CDU-Generalsekretär Linnemann schwafelte gar davon, das Bürgergeld rückgängig zu machen und wer nicht arbeiten wolle, soll dazu gezwungen werden. Nur dumm, wenn eine dazu im Bundestag gestellte Frage diese steilen Thesen widerlegt. Die Bundesregierung stellte fest, dass die Menschen aus der Beschäftigung partout nicht in das Bürgergeld wollen. Noch nie gab es so wenig Zulauf aus Tätigkeiten und hinein in das Jobcenter, wie seit 2005 mit Beginn der Jobcenter. Und trotzdem, wurde mit dem Abnicken der SPD, die Vollsanktion beim Bürgergeld erneut eingeführt. Wohl wissend, was auch zahlreiche Studien belegen, dass die Wegnahme der Existenzgrundlage zur größten Not führt und nicht wirklich dauerhaft in Arbeit. Das Damoklesschwert der Sanktion führt zu Angst und zu Misstrauen innerhalb der Jobcenter. Die hoch versprochene Augenhöhe führt sich so selbst ad absurdum. Die Bundesregierung springt auf den Zug der Populisten auf. Fakten, Erfahrungsberichte von Betroffenen auf beiden Schreibtischseiten und Studien interessieren nicht. Alle Bürgergeld -Bezieher:innen gelten ab sofort per se wieder als faul oder könnten sich Sozialleistungen ungerechterweise erschleichen.
Deutschland muss hässlich wirken
Hinzu kommt die unsägliche Debatte der Migration. Sozialleistungen müssen unattraktiv gestaltet werden. Sei es nun die Bezahlkarte für Geflüchtete oder der erschwerte Zugang zum Bürgergeld. Deutschland muss hässlich sein und wirken. Dabei scheint niemand in der Berliner Glaskuppel zu merken, dass Sozialleistungen aller Arten nicht zu Glücksgefühlen führen. Weder wird Serotonin noch irgendein Glückshormon ausgeschüttet. Stattdessen dürften Cortisol, Noradrenalin und Adrenalin als Stresshormone freigesetzt werden. Auf Dauer wirkt sich dieses negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus. Es ist doch verwunderlich, wie verbohrt man sein muss, um nicht zu merken, dass Sozialleistungen in die Armut führen. Dass man dann noch populistische Forderungen und Aussagen nicht auf Fakten prüft, sondern auf den Zug aufspringt, ist ein Schlag für jeden, der die Chance nicht erhält aus der Armutsspirale herauszukommen. Mir kommt gerade das Bild eines Faultiers auf einem Baumstamm in den Kopf, der sich Zentimeterweise innerhalb von Stunden bewegt. Jede Bewegung scheint zu viel. Nur liegt hier nicht die Ruhe in der Kraft, sondern die vorhandene Passivität etwas ändern zu wollen. Das zermürbt und verstärkt das Misstrauen in die Politik.
Sozialstaat kommt ohne Strafinstrumente aus
Wie soll ein positiveres Menschenbild, auch innerhalb der Jobcenter, entstehen, wenn von außen vorgegeben wird, dass Erwerbslose böse Menschen sind. Wenn aus Prinzip scheinbar alle etwas erschleichen wollen. Wenn aus Prinzip scheinbar alle faul sind und wenn aus Prinzip nicht hinter die Fassade geschaut wird. So entsteht politischer Murks. Und das nährt den Populismus. Dabei ist unser Sozialstaat stark genug, auch ohne Strafinstrumente und deren Bedrohungen auszukommen. Allerdings sollten wir uns überlegen, wie wir den Menschen wieder Chancen einräumen, um am Gesellschaftsleben teilzuhaben und gleichzeitig deren Menschenwürde zu achten. Das geht nur mit Respekt, mit Würde und mit Achtung auf ihre Lebensleistung. Der Sparstrumpf und das Bestrafen auf Kosten der Armen sind die falschen Instrumente. Schon Heinrich Böll (Schriftsteller) sagte: „Es ist unsere Aufgabe daran zu erinnern, dass der Mensch nicht nur existiert, um verwaltet zu werden.“