Kein Greenwashing der ägyptischen Diktatur. Freiheit für alle politischen Gefangenen!“
Rede von Christine Buchholz auf der Kundgebung „COP27"
Wir stehen vor dem Auswärtigen Amt, weil wir nicht schweigen zu den Menschenrechtsverletzungen in Ägypten, die der Politik und der Presse in Deutschland kaum eine Schlagzeile wert sind.
Vor fast 12 Jahren gingen Ägypterinnen und Ägypter auf die Straße und forderten „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“.
Viele Menschen trugen die Auseinandersetzungen in die Fabriken und an die Arbeitsplätze. Ihre Kämpfe führten dazu, dass der langjährigen Diktator Mubarak letztlich stürzte.
Auch nach dem Sturz Mubaraks setzten sich viele Aktivisten dafür ein, dass es Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte für alle gibt.
Seit Abdelfattah Al-Sisi 2013 gewaltsam die Macht übernommen hat, sind elementare Freiheitsrechte in Ägypten außer Kraft gesetzt worden.
Al-Sisi startete einen sog. „Krieg gegen den Terror“ und inhaftierte mehr als 60.000 politische Gefangene.
Unter ihnen befinden sich Liberale, Linke, Islamistinnen und Islamisten, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Medienschaffende sowie Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger.
- Unabhängige Gewerkschaften und Jugendorganisationen wurden zerschlagen.
- Folter ist in ägyptischen Polizeirevieren an der Tagesordnung,
Trotz dieser systematischen Repression gibt es seit Jahren eine Zusammenarbeit der Bundesregierungen mit dem Regime.
Der ehemalige Wirtschaftsminister und SPD Chef Sigmar Gabriel, schwieg nicht nur zu den Menschenrechtsverletzungen, sondern nannte Al Sisi einen „beeindruckenden Präsidenten“. Was für eine Schande!
Sicherheitsabkommen und die polizeiliche Aufbau- und Ausstattungshilfe wurden jahrelang gewährt. Auch hier in Berlin, wo Mitarbeiter von Sicherheitskräften ausgebildet wurden.
Es gab sogar einen Expertenaustausch auf Fachebene zum Thema „Terrorismus- und Extremismusbekämpfung“. Und das alles vor dem Hintergrund von politischen Gefangenen, Folter und einer hohen Anzahl von Hinrichtungen in den ägyptischen Gefängnissen.
Ägypten diente und dient als Türsteher, um afrikanische Geflüchtete aus Europa fernzuhalten.
Gleichzeitig spionierten ägyptische Geheimdienste auch in Deutschland Oppositionelle aus.
Das hat die Bundesregierung nicht davon abgehalten, den ehemaligen ägyptische Botschafter in Berlin im Oktober 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesregierung auszuzeichnen.
2021 wurden Rüstungsgüter im Wert von 4 Mrd. nach Ägypten geliefert.
Das „Greenwashing“ des ägyptischen Regimes und der Verantwortung der Länder des Globalen Nordens, wie Deutschland, die schon zu lange hinter Worthülsen wie „regionaler Stabilitätsanker“ verstecken, sind zwei Seiten einer Medaille.
Wir sagen hier in Richtung von Annalena Baerbock und Olaf Scholz: Mit dieser Kollaboration der Schande muss endlich Schluss sein!
Die Bundesregierung ist mit einer großen Entourage nach Sharm El Sheik gefahren: Umweltministerin Lemke, Entwicklungsministerin Schulze, Landwirtschaftsminister Özdemir, Wirtschaftsminister Habeck, Außenministerin Baerbock und Bundeskanzler Scholz, der heute ein Treffen mit Al Sisi haben wird.
Warum hört man nichts oder so wenig über die Menschenrechtslage?.
Während einer Pressekonferenz im Juli lies Bundeskanzler Olaf Scholz den ägyptischen Diktator während einer Pressekonferenz unwidersprochen über „Dialog mit der Zivilgesellschaft“ und der „Menschenrechtsstrategie“ der ägyptischen Regierung sprechen. Scholz hat nicht interveniert. Mein Vertrauen ist sehr gering, dass Scholz heute das Schicksal von Alaa und anderen ansprechen wird. Und das ist eine absolute Schande.
Schon im Sommer verlief der „nationale Dialog“bereits im Sande und wurde von einer neuen Welle an Verhaftungen überschattet. Es gab einige Freilassungen, aber jede Freilassung führt zu neuen Verhaftungen.
Deswegen sagen wir, die Bundesregierung und allen voran Außenministerin Baerbock und Kanzler Olaf Scholz müssen unmissverständlich deutlich machen, dass das Regime die volle Verantwortung für das Schicksal des im Hungerstreik befindlichen Alaa Abdel Fattah trägt.
Sie müssen Sisi auffordern, sie müssen ihn öffentlich auffordern, Alaa Abdel Fattah unverzüglich freizulassen.
Bundesregierung setzt auf die Interessen der Deutschen Konzerne und opfert dafür die Menschenrechte.
Im Vorfeld der Weltklimakonferenz hat Robert Habeck gesagt: „Wir unterstützen Ägypten dabei, die eigene Energieversorgung auf neue Beine zu stellen und den Umstieg von fossilen auf klimafreundliche Energien zu beschleunigen", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Kurzfristig könne der LNG-Handel mit Ägypten Deutschland helfen, seine Energieimporte zu diversifizieren und unabhängiger von russischem Gas zu werden“. (Habeck https://www.cleanenergywire.org/news/egypt-signs-lng-and-hydrogen-deals-germany-ahead-cop27)
Das ist schäbig!
Auf dem Rücken Menschen wie Alla und aller der politischen Gefangen, deren Leben geopfert wird für Wirtschaftsinteressen Deutschlands und des globalen Nordens und des Regimes in Ägypten.
Wir sagen: Solidarität mit den ägyptischen Sozialistinnen und Sozialisten sowie allen Ägypterinnen und Ägyptern, die Widerstand gegen die Diktatur leisten.
Für einen Stopp der Verkäufe von Waffen und Rüstungsexporte. Für einen Stopp der Export von Überwachungstechnologie an das Regime von Al-Sisi und eine dauerhafte Aussetzung der deutsch-ägyptischen Sicherheitskooperation.
Zum Schluss möchte ich noch ein Zitat von Alaa aus seinem Buch „You Have Not Yet Been Defeated“ vorlesen.
“That movements need a captivating vision of the world they are fighting for, and not only rage at the system they are desperate to overthrow…Our rosy dreams will probably not come to pass. But if we leave ourselves to our nightmares we’ll be killed by fear before the Floods arrive." "Bewegungen brauchen eine fesselnde Vision der Welt, für die sie kämpfen, und nicht nur Wut auf das System, das sie unbedingt stürzen wollen...Unsere rosigen Träume werden wahrscheinlich nicht in Erfüllung gehen. Aber wenn wir uns unseren Albträumen überlassen, werden wir von der Angst getötet, bevor die Sintflut kommt.“
In diesem Sinne
Solidarität mit Alaa!