Corona-Notbremse: Warum DIE LINKE dagegen stimmte
Keine Frage, es geht um Leben und Tod. Das Infektionsgeschehen muss dringend eingedämmt werden. Aber was macht die Bundesregierung? Sie taumelt von einem Murks in den nächsten und legt uns wieder ein Stückwerk vor, das die großen Probleme nicht lösen wird. Das ist unverantwortlich. Im Vergleich zum Ursprungsentwurf hat man das Bevölkerungsschutzgesetz etwas entschärft: Die Maßnahmen sind jetzt befristet, der Persilschein für die Bundesregierung, weitere Maßnahmen zu erlassen, ist entfallen.
Gut. Aber die Wahrheit ist, dass sich die Bundesregierung erst auf unseren massiven Druck hin bewegt hat. Wir erleben übrigens nicht zum ersten Mal in dieser Pandemie, dass die Bundesregierung versucht, Grundrechtseinschränkungen praktisch im Vorbeigehen und ohne Befristung einzuführen und die Befugnisse der Regierung massiv auszuweiten. Das ist und bleibt untragbar: DIE LINKE wird das niemals akzeptieren.
Massive Eingriffe in die Grundrechte
Wir lehnen das Gesetz weiterhin ab. Die Bundesregierung will Ausgangssperren pauschal ab einer Inzidenz von 100 verhängen, obwohl die Wirksamkeit dieser Maßnahme hochumstritten, aber der Eingriff in die Grundrechte massiv ist. Was jedoch wissenschaftlich sehr gut belegt ist, ist der hohe Anteil an Ansteckungen am Arbeitsplatz. Trotzdem nehmen Sie nach wie vor die Arbeitgeber nicht richtig in die Pflicht. Unglaublich! Homeoffice soll kommen; aber niemand kontrolliert das. Tests sollen kommen, aber nicht verpflichtend, nur ein Angebot für ein bis zwei Tests pro Woche. Das ist doch zahnlos. Die Zeit, in der man immer nur „Bitte, bitte!“ zu den Unternehmern sagt, muss doch endlich vorbei sein. Wir brauchen endlich Schutz für alle Menschen an ihren Arbeitsplätzen und auch auf dem Weg zur Arbeit.
Und die Schulen? Schon lange schlagen Schülervertreter, Eltern und Lehrer Alarm. Und was tun Sie? Obwohl Sie ab einer Inzidenz von 100 Ausgangssperren verhängen wollen, sollen die Kinder bis zu einer Inzidenz von 165 in die Schule gehen. Also, ich kann alle Eltern verstehen, die nur noch den Kopf schütteln können. Woher haben Sie eigentlich diese Zahlen? Würfeln Sie die aus? Es ist auch Irrsinn, dass die Kinder bis zu der 100er-Inzidenz in voller Klassenstärke unterrichtet werden sollen. Die Klassenstärken müssen reduziert werden. Das ist der Schlüssel. Genauso kann man nur den Kopf schütteln über die Pläne, dass Kinder bis 14 Jahren im Freien Sport treiben dürfen, ab 15 aber nicht mehr. Das ist doch absurd! Brauchen Kinder ab 15 weniger Bewegung und Ausgleich? Wieder denken die Regierung nicht an die jungen Menschen, die eben keine großen Gärten und Spielzimmer haben. Aber das ist leider nichts Neues.
Bundesregierung ignoriert die erhöhten Risiken für Arme
Diese Bundesregierung ignoriert konsequent die Tatsache, dass die Gefahren von Covid-19 nicht für alle Menschen gleich sind. Das Ansteckungsrisiko und das Risiko eines schweren Verlaufs sind für Menschen mit niedrigem Einkommen nachgewiesenermaßen deutlich höher: Wegen beengter Wohnverhältnisse, weil sie nicht im Homeoffice arbeiten können, weil sie in vollen Bussen und Bahnen zur Arbeit fahren müssen und weil Menschen mit niedrigem Einkommen oft eine schlechtere Gesundheitsversorgung haben und sich gesunde Ernährung nicht leisten können. Das ist die Wahrheit.
Die Verkäuferinnen, die Lieferanten, die Erzieherinnen - es ist doch wirklich eine Schande, dass die Menschen, die auch von der Bundesregierung wieder und wieder beklatscht und gelobt wurden, weil sie die wahren Stützen unserer Gesellschaft in dieser Pandemie sind, immer noch nicht genügend geschützt werden. Stattdessen lässt man sie im Stich.
Wir brauchen einen solidarischen Infektionsschutz
Unsere Position als LINKE ist klar: Wir brauchen Infektionsschutz, und er muss solidarisch sein. Niemand darf auf der Strecke bleiben. Und das heißt: wirksamer Schutz an allen Arbeitsplätzen und auf dem Weg zur Arbeit, viel mehr Tests und Luftfilter für die Schulen, bessere Unterstützung von Lehrern und Eltern, auch im Homeschooling. Und natürlich müssen endlich die sozialen Härten dieser Pandemie vernünftig abgefedert werden. Es geht nicht, dass Angst und Verzweiflung bei immer mehr Menschen um sich greifen. Deshalb drängen wir seit über einem Jahr darauf, endlich ausreichende und unbürokratische Hilfen für kleine Unternehmen zur Verfügung zu stellen - inklusive eines Unternehmerlohns für Soloselbständige, für Künstlerinnen und Künstler.
Wir brauchen außerdem unbedingt eine Verlängerung der Auszahlung von Arbeitslosengeld I, einen monatlichen Zuschlag für Menschen in Grundsicherung und eine angemessene Gehaltserhöhung für alle Pflegerinnen und Pfleger und alle anderen im Gesundheitswesen, im Einzelhandel und in der Logistik, die durch die Pandemie doppelt und dreifach belastet werden. Und - ich werde nicht aufhören, das hier zu sagen -: Wohnungskündigungen und Stromsperren aufgrund finanzieller Nöte gehören verboten.
Es ist vollkommen klar, dass es so nicht weitergehen kann - weder in dieser Pandemie noch danach. Wir brauchen ein Gesundheitswesen, in dem nicht der Profit, sondern das Wohl der Patienten im Mittelpunkt steht. Wir brauchen Schulen mit ausreichend Personal und Mitteln, um allen Kindern eine bessere Bildung zu garantieren. Wir brauchen einen Sozialstaat, der die Menschen zusammenführt und das Land fit für die Zukunft macht. Aber Sie können sich darauf verlassen, dass wir als LINKE dafür weiter entschlossen kämpfen.