Fika und Fortschritt: Strategische Lektionen aus Malmö

In Malmö trafen sich Mitglieder der Linken und der Vänsterpartiet zum strategischen Austausch.

In Hamburg treffen wir uns zum ersten Mal. Genossinnen und Genossen aus allen Ecken Deutschlands, Kreisvorsitzende wie Neumitglied, aus großen Städten und weiten Landkreisen. Insgesamt sind wir zu elft. Wir sitzen gemeinsam im Zug nach Malmö, um von unserer schwedischen Schwesterpartei, Vänsterpartiet, zu lernen. Die Übernahme erfolgreicher Strategien der KPÖ wird bereits in breiten Teilen der Partei debattiert. Unsere Reise nach Malmö soll unseren innerparteilichen Erneuerungsprozess um die schwedischen Erfolgsrezepte ergänzen. Die liegen vor allem in dem systematischen Organisieren der Mitgliederbasis.

Die Vänsterpartiet hat in den EU-Wahlen 2024 mit 11 Prozent das stärkste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Das hat verschiedene Gründe. Der klassenpolitische Populismus und die Solidarität mit Palästina sind hier wichtige inhaltliche und kommunikative Schlüssel zum Erfolg – auch wenn der Diskurs zum Nahostkonflikt in Schweden sicherlich ein anderer ist als in Deutschland. Auf unserer Reise fokussieren wir uns aber auf die Strategien zur innerparteilichen Organisierung.

Die schwedische Linkspartei hat ihre Mitglieder in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt. Durch regelmäßigen Austausch mit ihnen wird eine enge Bindung hergestellt, die zu ihrer Mobilisierung in Kampagnen und Wahlkämpfen in Aktivität auf der Straße und damit in Erfolge umgesetzt werden kann. Dafür wurde die Organisierungsplattform zetkin ins Leben gerufen. Zetkin dient als Werkzeug, um das Wissen und die Fähigkeiten der Mitglieder einer Massenorganisation strukturiert und systematisch zu sammeln, um dann gezielt nach ihren Bedürfnissen und Interessen Mitglieder anzusprechen. Es führte eine neue Arbeitsweise ein, die Potentiale der Mitglieder früh erkannte und effektiv eingesetzt hat. Telefonaktionen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Ein Konzept, was schon lange Teil unserer Praxis ist, aber jetzt erstmals über zetkin bundesweit einheitlich ausgeführt wird. Durch die Möglichkeiten, die die Software bietet, wird unsere Arbeitsweise deutlich effektiver und professioneller. Aber nicht nur, dass das allein ein riesiger Fortschritt ist, bildet zetkin die lang ersehnte Brücke zwischen unseren digitalen Werkzeugen. Zetkin verknüpft die Daten des MGL und Aktivisti. Es ergänzt die Funktionalitäten der bestehenden Infrastruktur und verbessert sie deutlich.

Neben dem strategischen Austausch hatten wir auch noch Gelegenheit von Erfahrungen der schwedischen Mietergewerkschaft, Hyresgästföreningen, die mit rund über 500.000 Mieter:innen rund ein Viertel aller Haushalte in Schweden organisiert und gemeinsam über ihre Miete verhandelt, zu profitieren. Weiterhin hatten wir einen ausführlichen Austausch mit Bente Hinrichs. Vorstandsmitglied des Jugendverbandes Rød-Grøn Ungdom unserer dänischen Schwesterpartei Enhedslisten – de rød-grønne. Genossin Hinrichs hat berichtet, wie sie Kampagnen planen und durchführen, Treffen organisieren und neue Mitglieder gewinnen. So wurde ihr neuer Jugendverband innerhalb weniger Jahren zum Erfolg geführt. Teil ihrer Strategie war, die Vermeidung linke Sprache und interner Bezüge auf ihren Aktiventreffen. Jede Person, die das allererste Mal dabei ist, muss mitdiskutieren können. Auch in Dänemark basieren ihre Erfolge auf der Verwendung von zetkin in allen Parteiaktivitäten.

Trotz unseres intensiven Programms war zum Glück noch Platz für einen, von einem schwedischen Historiker und Genossen, geführten Stadtrundgang zu Orten der Arbeiterbewegung in Malmö. Natürlich reichen drei Tage nicht, um auf alle Strategien der schwedischen Genossinnen und Genossen detailliert einzugehen. Ein Thema für weiteren Austausch bietet zum Beispiel das schwedische Modell einer Parteihochschule. Der Jugendverband betreibt eine staatlich geförderte, private Hochschule, in der Funktions- und Mandatsträger der Partei ein Jahr lang die Gelegenheit haben, den Marxismus und linke Theorie zu studieren. Bei den kurzen Fikas (dt.: Pause) wurden wir grandios versorgt. Ein riesengroßer Dank geht an die Genossinnen und Genossen, die sich ehrenamtlich um das ganze Wochenende gekümmert haben.

Das Gespräch mit Genossinnen und Genossen in den Mittelpunkt unserer innerparteilichen Arbeit zu stellen, knüpft an die bundesweite laufende Gesprächsoffensive an. So wie wir an die Haustüren gehen, um die Anliegen der Menschen abzufragen, müssen wir uns auch nach innen richten. Nur eine Partei im Gespräch kann sich geschlossen und zielorientiert auf kommende Herausforderungen stürzen und diese meistern. Wir müssen aufeinander achtgeben. Die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse jedes einzelnen zu erkennen und fördern haben wir im Blick und sind jetzt auch technisch dazu in der Lage. Zetkin ist nicht bloß ein neues Werkzeug, sondern eine völlig neue Arbeitsweise. Es befähigt uns dazu eine systematisch und effektiv eine moderne Partei zu organisieren. Zetkins Arbeitsweise stellt einen immensen Fortschritt dar.

Auf dem Rückweg bleibt der Eindruck, dass der Umschwung möglich ist. Andere sozialistische Parteien haben es geschafft, wir schaffen das auch. Auch dank der großartigen Unterstützung unserer Genossinnen und Genossen aus Schweden. Für deren Gastfreundlichkeit und herzlichen Empfang wir uns ausdrücklich bedanken wollen.

Nach intensiven und super lehrreichen Tagen trennen sich wieder in Hamburg unsere Wege. Gemeinsam mit neuen Strategien und der Gewissheit stärker zu werden gehen wir zurück in unsere Kreisverbände. Jetzt folgt die Umsetzung.

An dieser Stelle bleibt uns dafür zu werden offen zu sein für neues. Gemeinsam mit Elan und Motivation können wir gewinnen!