Solingen´93: Gedenken ohne Nazis
Am 29. Mai 1993 sterben in der NRW-Kleinstadt Solingen fünf junge Frauen und Mädchen bei einem rassistisch motivierten Brandanschlag. Ihre Namen:
Gürsün Ince, 27 Jahre
Hatice Genç, 18 Jahre
Gülüstan Öztürk, 12 Jahre
Hülya Genç, 9 Jahre
Saime Genç, 4 Jahre
Der Anschlag vom Mai 1993 gilt als eine der folgenschwersten rassistischen Taten in der Geschichte der Bundesrepublik. Der faschistische Terror endete allerdings nicht mit oder in Solingen. Mindestens 220 Menschen sind seit 1990 in Deutschland rechter Gewalt zum Opfer gefallen. Vor drei Jahren hat ein Rechtsextremist in Hanau neun Menschen mit internationaler Familiengeschichte getötet. Die rechte AfD sitzt in den Parlamenten und wird von mancher bürgerlichen Partei auch noch teils mehr teils weniger offen hofiert. Die NSU-Akten des hessischen Verfassungsschutzes legt dann auch noch nicht etwa eine Behörde offen, sondern TV-Satiriker Jan Böhmermann.
Holocaust-Leugner ruft zur Gegendemo auf
Zwar wird mit einer offiziellen Gedenkveranstaltung am 30. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen an die Opfer erinnert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird ab 14 Uhr ebenso erwartet wie große Teile der NRW-Landesregierung. Allerdings soll mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu auch ein Erdogan-Getreuer teilnehmen. Darüber hinaus hat der bekannte Holocaust-Leugner Nikolai Nerling für Montag eine Demonstration gegen das Gedenken angemeldet. DIE LINKE stellt sich klar gegen die Pläne der Neonazis und ruft dazu auf, an den solidarischen Gegenprotesten teilzunehmen.
Die Kundgebung des Bündnisses Solingen´93 – Unutturmagacağiz! Niemals vergessen! startet um 12 Uhr am Neumark in Solingen. Teilnehmen werden dabei unter anderem Landessprecherin Kathrin Vogler und unsere Vorsitzende Janine Wissler, die erklärt: „Es ist erschreckend, dass der Gedenktag zum Brandanschlag in Solingen für einen Nazi-Aufmarsch missbraucht wird. Das zeigt, wie nötig das Gedenken gerade heute ist, wo Nazis in den Parlamenten daran arbeiten, rechte Parolen zu normalisieren und einige konservative Politiker ihre Stichworte aufzugreifen. Ein Zeichen gegen Rassismus und rechte Gewalt zu setzen, ist mir ein persönliches Anliegen. Daher werde ich auch an der Gedenkfeier und der Kundgebung am Jahrestag in Solingen teilnehmen."
Die Opfer müssen im Vordergrund des Gedenkens stehen!
Im Vordergrund des Gedenkens müssen nach nun 30 Jahren endlich die Opfer stehen. Sie müssen sichtbar gemacht werden. Doch noch immer wird der Diskurs über das Geschehene in Solingen, Rostock, Hoyerswerda oder auch Hanau vielfach aus der Täterperspektive geführt. Das Museum für verfolgte Künste in Solingen erzählt ab Ende Mai in der Ausstellung Solingen ’93 - Unutturmayacağız! Niemals vergessen! anhand der Geschichte der Familie Genç in Verbindung mit sozialpolitischen und gesellschaftlichen Ereignissen eine deutsche Geschichte bis in unsere Gegenwart.
Demo-Aufruf: https://solingen93.info/aufruf
Ausstellung im Zentrum für verfolgte Künste 30.05. bis 17.09.2023: