Reform der Strom- und Gasmärkte - jetzt!
Seit Monaten steigen europaweit die Energiepreise. Durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine verschärft sich die ohnehin finanziell angespannte Lage für viele Haushalte und Unternehmen deutlich. Auf Hochtouren wird nach Lösungen gesucht. Diese nehmen jedoch teils zynische Züge an, wenn beispielsweise Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Energiesparen aufruft. Als ob Menschen mit geringen Einkommen, also energiearme Haushalte, noch viel sparen können. Bei denen ist die Heizung doch schon jetzt meist aus. In Europa heizen mindestens 30 Millionen Menschen ihre Wohnungen unzureichend. Viele von Ihnen leiden deshalb unter chronischen Erkrankungen.
Nun hat die Kommission in ihren Empfehlungen für den Energiebereich, mit denen sie auf den Krieg in der Ukraine reagiert, erstmals eingestanden, dass die unsichtbare Hand des Marktes doch nicht alles wie von Zauberhand regelt. Wir begrüßen die Empfehlungen, öffentliche Preiskontrollen einzuführen und die Sondergewinne der Energiekonzerne zu besteuern. Das sind zwei zentrale Forderungen unserer Kampagne. Doch leider wagt die Kommission nicht, die Architektur der Energiemärkte zur Diskussion zu stellen. Insgesamt konzentrieren sich ihre Empfehlungen viel zu sehr auf die Verschiebung bestehender Abhängigkeiten von einem Gaslieferanten zu einem anderen. Kurz- bis mittelfristig erscheint eine Diversifizierung durchaus sinnvoll. Allerdings sind US-amerikanisches LNG und Erdgas aus Saudi-Arabien keine Lösung für das Klima. Nur ein dezentrales, auf erneuerbaren basierendes Energiesystem, kann den Herausforderungen des Klimawandels in Krisenzeiten begegnen.
Jahrzehntelang wurde auf effektive staatliche Lenkungsmöglichkeiten verzichtet. Die Liberalisierung hat wesentlich zu unserer Abhängigkeit von importiertem Erdgas beigetragen und ein System geschaffen, dass es großen Konzernen erlaubt, Rekordgewinne einzufahren, während Verbraucher:innen unter den steigenden Energiepreisen ächzen.
In diesem Jahrzehnt entscheidet sich, ob die Energiewende für das Klima und unsere Energieunabhängigkeit gelingt. Dafür müssen wir das europäische Energiemodell und die Architektur der Energiemärkte radikal reformieren. Das Grenzkostenmodell, das maßgeblich zum Anstieg der Strompreise beiträgt muss ersetzt werden. Der Zugang zu Energie muss als ein öffentliches Gut betrachtet werden. Große Energiekonzerne müssen vergesellschaftet werden. Genossenschaften, Stadtwerke und Bürger:innenenergie sind stärker zu fördern. Nur so kann die Politik das Tempo der Energiewende forcieren. Mit einer aktiven Industriepolitik müssen die Wertschöpfungsketten für Wind- und Photovoltaik zum Ausbau erneuerbarer Energien gezielt unterstützt werden. Nur wenn diese Forderungen der Linksfraktion THE LEFT im Europäischen Parlament zur Vergesellschaftung umgesetzt werden, ist ein erneuerbarer, fairer, krisenfester und dezentralisierter Energiesektor möglich.
Energy: how the market is (not) working | left