Gebrochene Versprechungen zeigen Notwendigkeit des Politikwechsels
Die Bilanz der Landesregierung in Niedersachsen fällt eindeutig negativ aus
- Hans-Henning Adler
Die Erfahrungen im Bund zeigen es und fast noch deutlicher verhält es sich in Niedersachsen: Politik verkommt immer mehr zu einem Schmierentheater gebrochener Versprechungen: So hatte die Landesregierung aus SPD und CDU in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen den Investitionsstau bei den Krankenhäusern in Niedersachsen abzubauen (S.60) oder zusätzliche Landesmittel für die Förderung des Wohnungsbaus einzusetzen (S.67). »Übergeordnetes Ziel« der Landespolitik sei, »die Wohnungsmärkte gerade für Menschen mit kleinem Einkommen möglichst zu entspannen« (S. 66). Auch eine Landeswohnungsbaugesellschaft, die den sozialen Wohnungsbau stärken könnte, wurde in Aussicht gestellt. Weitere Beispiele:
- Im Wahlkampf 2017 hatte Spitzenkandidat Weil noch angekündigt, das niedersächsische Krankenhausgesetz zu novellieren und Mindeststandards in der Pflege gesetzlich festzuschreiben.
- Während der Coronakrise hatte der Ministerpräsident am 14. 9.2020 im Landtag in Aussicht gestellt im Winter die Weihnachtsmärkte zu öffnen. Die Sozialministerin erklärte am 11.11.2020 im Landtag wörtlich: »Die Hygienekonzepte der Fleischindustrie sind mittlerweile sehr umfassend.«
- In der Koalitionsvereinbarung steht »die Beschäftigungsbedingungen für alle an den Hochschulen Tätigen zu verbessern« (S.30).
- Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger soll auf das unbedingt notwendige Maß reduziert ( S.104) werden. Es sollte eine »verlässliche, umweltgerechte und bezahlbare Energieversorgung« für alle geben.
Was wirklich gekommen ist, ist bekannt: In den Krankenhäuser fehlen die Investitionsmittel. Krankenhausschließungen sind zu befürchten. Mindeststandards in der Pflege gibt es bis heute nicht.
Die Wohnungen im sozialen Wohnungsbau sind weniger geworden, nämlich seit 2018 von 82 496 auf 60 200 gefallen. Die Landeswohnungsbaugesellschaft wurde nicht gegründet und die Spekulationssteuer (Grundsteuer C) soll erst 2025 kommen, obwohl es nach dem Grundgesetz möglich gewesen wäre sie sofort einzuführen. Außerdem steht sie unter dem Vorbehalt, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer insgesamt »aufkommensneutral« sein müssen, wie es der Finanzminister in der Landtagsdebatte am 7.7.2021 zur Beruhigung der FDP versichert hatte.
Die Zahl der prekären und befristeten Arbeitsverhältnisse hat zugenommen. An den Hochschulen hat die Landesregierung das Unwesen der befristeten Arbeitsverträge für den akademischen Mittelbau nicht beendet.
Die Schere zwischen Arm und Reich ist immer weiter auseinandergegangen. Während die einen an der Krise verdient haben, hat die Coronakrise die soziale Lage der anderen noch weiter verschlechtert. Das betrifft die Reduzierung der Einkommen durch Kurzarbeitergeld, ausgebliebene Einnahmen von Selbständigen oder Studierenden aus Nebenjobs. Auch das schlägt dann später noch einmal auf die Renten durch.
In der Coronakrise hat die Landesregierung dilettantisch und widersprüchlich agiert. Einerseits wurden Restriktionen bis in den privaten Bereich angeordnet, die keiner gerichtlichen Kontrolle standhalten konnten, andererseits wurde zugelassen, dass sich das Virus in Großbetrieben, vor allem der Fleischindustrie, ungehindert verbreiten konnte. An den Schulen wurden soziale Spaltungen ermöglicht, weil nicht alle Eltern über digitale Endgeräte verfügen. Die Anschaffung von Luftfilteranlagen wurde verzögert.
Die das Grundwasser gefährdenden Nitrat-Einträge durch Überdüngung landwirtschaftlicher Flächen wurden nicht reduziert. Nach wie vor werden gesunde Tiere mit Antibiotika vollgepumpt, was die Gefahr multiresistenter Keime erhöht.
Die Preise für Strom und Gas sind dramatisch gestiegen, was vor allem Haushalte mit geringem Einkommen belastet.
Die Bilanz fällt eindeutig negativ aus.
Die Regierungsparteien SPD und CDU können ihre Wahlversprechungen aber auch schon deshalb nicht einhalten, weil sie auf die Vermögenssteuer verzichten, eine Steuer die ausdrücklich im Grundgesetz steht und allein den Ländern zusteht.
Milliardenbeträge werden nötig sein, um die Schulden zu bezahlen, die in Folge der Coronapandemie aufgelaufen sind. Noch höhere staatliche Aufwendungen werden für die Bekämpfung der Klimakrise nötig sein, wenn man die gesteckten Ziele der Klimaneutralität ernsthaft erreichen will und weitere Milliarden Euro wird es allein kosten, das marode Bergwerk Asse II zu sanieren, eine Altlast der verfehlten Atompolitik vergangener Jahre.
Es wird deutlich: Eine Stimme ist notwendig, die im Landtag den immer wieder vorgetragenen Versprechungen entgegentritt und die herrschenden Parteien mit der Realität konfrontiert und zugleich deutlich macht, dass sie bei der Lösung der anstehenden Probleme auf einen Politikwechsel drängt, weil sie bereit ist Großkonzernen, Millionären und Grundstücksspekulanten entgegenzutreten. Welche Regierungskoalition im Ergebnis der Landtagswahl auch immer entstehen wird: DIE LINKE wird sich dafür stark machen, dass die Kosten der Coronakrise, der Klimakatastrophe sowie des Umbaus der Industrie nicht auf die Beschäftigten und die Mehrheit der Bevölkerung abgewälzt werden. Sie wird Druck für einen wirklichen Politikwechsel im nächsten Niedersächsischen Landtag machen. Sie kann das auch, und zwar sowohl in der Opposition als auch von der Regierungsbank aus. Wir sind aber keine Mehrheitsbeschaffer für eine verfehlte Politik der Vergangenheit. Wir stehen für substanzielle Änderungen, die es nur mit uns geben kann. Das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre.
Mit dem Einzug der LINKEN in den nächsten Niedersächsischen Landtag wird mehr Ehrlichkeit in der Politik hineingetragen und damit ein Neuanfang gegen die Politikverdrossenheit ermöglicht werden.
Der Auto ist Mitglied des Landesvorstands der LINKEN Niedersachsen