Milliarden für Aktionär*innen
- Martin Bialluch
"Ja ist denn schon Weihnachten?“, dachten sich die Paketzustellenden der Post, als sie in der Corona-Krise von der Paketflut förmlich überschwemmt wurden. Das Paketaufkommen stieg wie vor den Feiertagen an. Feierliche Stimmung kam aber bei den Beschäftigten nicht auf. Auch wenn die Brief- und Paketboten während der Corona-Krise als systemrelevant gefeiert wurden. Denn was den Post-Vorstand freut, hat den Beschäftigten viel abverlangt und die Belohnung für die Mehrarbeit bekommen nicht die, die die Pakete an die Empfänger ausgeliefert haben. Das Geld streichen Menschen ein, die vom Sofa aus den Anstieg der Aktienkurse verfolgt haben.
Die Deutsche Post AG hat auf ihrer Aktionärsversammlung am 27. August beschlossen, ihren Aktionär*innen1,4 Milliarden Euro Dividende in den Rachen zu werfen, statt ihren Beschäftigen bessere Löhne und Zulagen zu zahlen. Es ist ja nicht so, als ob die Post nicht wüsste, wie man großzügige Gehälter zahlt. Sie entlohnt ihren Vorstand mit rund 14 Million Euro jährlich. Ab heute beginnen die die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten, die diese fetten Gewinne erarbeiten. Ver.di fordert eine Lohnsteigerung von 5,5 Prozent für 12 Monate.
Die Post machte in den letzten Jahren jeweils rund 6 Milliarden Euro Gewinn. Seit Jahren erhöht die Post Arbeitspensum und Stress für die Beschäftigten und unterläuft die Tarifverträge durch Auslagerungen. Um im Paketdienst die Kolleg*innen zu schlechteren Bedingungen einzustellen, gründete die Post 2015 die Firma DHL Delivery. Als sich die Beschäftigten gewerkschaftlich organisierten und mit ihren Betriebsräten Verbesserungen erkämpften, wurde Delivery 2019 wieder eingegliedert, um die Betriebsräte loszuwerden. Die Deutsche Post AG ließ 2019 Brief- und Pakete für 2,3 Milliarden Euro durch nicht zum Konzern gehörende Subunternehmer zustellen.
Doch auch die Kund*innen bekommen den harten Profitkurs zu spüren: Seit dem Jahr 2000 wurden 30 000 Briefkästen abmontiert und 900 Postfilialen geschlossen, zudem werden die Briefkästen seltener geleert. Die Post will aus rentabilitätsgründen montags nicht mehr ausliefern. Die Anzahl verlorener oder verspäteter Briefe und Päckchen steigt. Das Briefporto wurde innerhalb weniger Jahre von 55 Cent auf 80 Cent erhöht.
Die Ergebnisse von 25 Jahren Privatisierung der Post lassen sich so zusammenfassen: hohe Preise und Unzuverlässigkeit für die Kund*innen, schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, Millionen für die Vorstände und Milliarden für die Aktionär*innen.
Das kann und darf so nicht weitergehen. 20,5 Prozent der Deutschen Post AG gehören weiterhin dem Staat über die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die Regierung muss ihren Anteil nutzen, um für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen: Wenn die Vertreter der Regierung im Aufsichtsrat mit den Beschäftigten stimmen, dann haben sie immer eine Mehrheit und können die Interessen der Beschäftigten Eigentümer durchsetzen.
Öffentliche Dienstleistungen gehören in öffentliche Hand, um verlässliche Zustellung sowie gute Arbeitsbedingungen und anständige Bezahlung für die Beschäftigten zu gewährleisten. Tarifverträge müssen bei der Auslagerung von Tätigkeiten vollständig weitergelten, auch für Neueingestellte. Tarifverträge müssen auf Antrag der Gewerkschaft für allgemeinverbindlich erklärt werden, damit der Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.