Alle wollen regieren. Wir wollen verändern. Unser Programmparteitag in Berlin
- Die Redaktion
„Liebe Genossinnen und Genossen: Wir sind wieder da!“ Mit dieser Botschaft begrüßte Bundesgeschäftsführer Janis Ehling die Delegierten zum außerordentlichen Parteitag der Linken am Samstag in Berlin. Die Aufbruchsstimmung war in der Halle der „Station“ am Berliner Gleisdreieck deutlich zu spüren. Auch das merklich gesteigerte Medieninteresse zeigt, dass die Linke wieder Neugier und Hoffnung auf eine bessere Politik für die große Mehrheit weckt. Die tausenden Neumitglieder sind ein handfester Beweis dafür. Der Berliner Landesvorsitzende erinnerte die Delegierten an eine wichtige Verhaltensregel in der Bundeshauptstadt: „Das Meckern über Berlin ist ausschließlich den Berlinern vorbehalten.“ Doch Gründe für Protest gibt es Anlass genug, angesichts des brutalen Sparkurs des schwarz-roten Senats: „Mir persönlich blutet das Herz, wenn ich sehe, was mit dieser Stadt gemacht wird“, so Max Schirmer. „Berlin wird wie so viele Städte und Kommunen einfach kaputtgespart.“
Die Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken griffen die politische Konkurrenz in ihren Reden scharf an. „Friedrich Merz will den Sozialstaat mit seiner Agenda 2030 kurz und klein schlagen“, so Ines Schwerdtner. „Dieser Wahlkampf steht im Zeichen des Angriffs auf unsere Rechte. Wehren wir ihn ab! Sie wollen den Kündigungsschutz, das Streikrecht und unsere Rechte als Mieterinnen und Mieter schwächen. Diese Rechte hat unsere Klasse errungen – und wir werden sie uns nicht nehmen lassen.“
Jan van Aken stellte in seiner Rede klar, dass die Linke die grassierende Ungleichheit im Land entschieden bekämpfen wird: „Wie gesagt, ich finde immer noch, es sollte keine Milliardäre geben. Ihren Reichtum, den haben viele so hart arbeitende Menschen geschaffen. Den müssen wir uns zurückholen, damit wir alle wieder gut leben können. Für bessere Schulen, damit der Nahverkehr wieder funktioniert, damit man nicht mehr monatelang auf einen Arzttermin warten muss. Geld ist genug da - es ist nur falsch verteilt.“
In der Aussprache zum Leitantrag meldeten sich zahlreiche prominente Stimmen aus der Partei zu Wort. Bodo Ramelow, Direktkandidat für Erfurt und Weimar, erinnerte an die unhaltbaren sozialen Zustände im Land: „Was ist das für eine beschissene Gesellschaft, in der Menschen Angst haben müssen, alt zu werden und die Pflege nicht zahlen zu können, oder Angst haben müssen, Kinder zu bekommen?“, so der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen. „Alle Menschen verdienen ein sicheres Zuhause. Der Mietendeckel ist die Antwort darauf, dass gerade Millionen Menschen Angst haben, aus ihrer Wohnung geworfen zu werden oder die nächste Nebenkostenabrechnung zu bekommen. Es ist unsere Aufgabe, diese Angst zu überwinden.“
Auf eine Zusammenarbeit mit den Silberlocken Dietmar Bartsch und Gregor Gysi im Bundestag freut er sich bereits: „Ich möchte einmal erleben, dass Gregor Gysi als Alterspräsident unbegrenzte Redezeit im Bundestag hat.“ Sören Pellmann, Vorsitzender der Linken im Bundestag und Direktkandidat im Leipziger Süden, betonte die Entschlossenheit und Einigkeit, mit der die Partei in den kommenden Wahlkampf zieht: „Es braucht eine starke Linke. Für eine Stoßrichtung von links unten nach rechts - und nach oben. Venceremos!“ Auch Cansu Özedemir, Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg, erinnerte an die internationalistische Verantwortung der Partei: „Als Frau aus einer kurdischen Familie, die in der kurdischen Bewegung aufgewachsen ist, ist für mich völlig klar: Wir stehen an der Seite der Widerstand leistenden Menschen in Rojava. Jin, Jiyan, Azadî!“
Gregor Gysi, Direktkandidat für Treptow-Köpenick, wurde von den Delegierten mit stehendem Applaus gefeiert. Er unterstrich die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Partei: „Wenn es die Linken im Bundestag nicht mehr gibt, dann gibt es dort keine linken Argumente mehr. Wir haben dann dort nur noch eine Diskussion zwischen Mitte und rechts außen. Das ist zu wenig.“ „Unsere Partei wurde schon mehrfach totgesagt,“ so Gregor Gysi. „Das hat nie funktioniert. Die Linke ist nicht kaputtzumachen. 2021 sind wir mit 3 Direktmandaten eingezogen. Das werden wir auch dieses Jahr wieder schaffen.“
Nach einer intensiven und konstruktiven Antragsdebatte beschlossen die Delegierten das Programm zur Bundestagswahl 2025 bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen. Anschließend ergriffen nochmals die Spitzenkandidierenden das Wort. „Wir sind die Steuersenkungspartei für die Mehrheit. Weg mit der Mehrwertsteuer! Stattdessen her mit der Kohle von den pervers Reichen, die gar nicht wissen, wohin mit dem Geld“, stellte Heidi Reichinnek klar. „Ohne uns würden die da oben freidrehen,“ betonte Jan van Aken. Aber nach diesem Parteitag ist klar: Die Linke wird den Reichen und Mächtigen auch weiterhin auf die Nerven gehen – im Bundestag, am Streikposten und auf der Straße.