Rüstung statt Rettung
Die Bundesregierung setzt auf Waffenexporte als außenpolitische Strategie
- Redaktion
Die Bundesregierung hat in der laufenden Wahlperiode bisher Rüstungsausfuhren im Wert von 22,5 Milliarden Euro genehmigt. Damit beliefert Deutschland im großen Umfang auch demokratiefeindliche Länder mit Rüstungsgütern. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor.
Hauptempfänger waren Ungarn (knapp 2,7 Milliarden Euro) und die USA (knapp 2,4 Milliarden Euro). Unter den zehn wichtigsten Abnehmern der deutschen Rüstungsindustrie sind auch mehrere Länder, die weder der NATO noch der Europäischen Union angehören - unter anderen Algerien (2,0 Milliarden), Ägypten (1,88 Milliarden) und Katar (0,72 Milliarden). Besonders kritisch ist die Ausfuhr nach Ägypten, weil der Regierung des arabischen Landes nicht nur Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, sondern sie auch in die Konflikte im Jemen und in Libyen verwickelt ist.
Die Zahlen gelten für den Zeitraum von der Konstituierung des Bundestags am 24. Oktober 2017 bis zum 8. August 2021. In diesen Zeitraum fällt das Rekordjahr 2019, in dem die Regierung aus Union und SPD Rüstungsexporte für 8,02 Milliarden Euro genehmigt hatte.
Dagdelen kritisierte die Rüstungsexporte in der laufenden Wahlperiode als "Öl ins Feuer der zahlreichen Kriege und Konflikte". "Es braucht hier dringend einen Politikwechsel hin zu einem Stopp der Waffenexporte insbesondere an Entwicklungsländer sowie in Spannungs- und Kriegsgebiete", forderte sie.
In der gesamten Ära von Angela Merkel (CDU) seit Ende 2005 summieren sich die genehmigten Ausfuhren auf mehr als 85 Milliarden Euro. Das geht aus den Exportberichten der Regierung hervor.
Keine Waffen in Krisengebiete
Was es heißt Waffen in Krisenregionen zu liefern zeigt sich auch aktuell am Beispiel Afghanistan: Die Bundesregierung hat seit Beginn des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan vor 20 Jahren die Ausfuhr von Kriegswaffen und anderen Rüstungsgütern für 418,8 Millionen Euro in das Land genehmigt. Das geht aus den jährlichen Rüstungsexportberichten der Regierung und einer aktuellen Aufstellung des Bundeswirtschaftsministeriums hervor.
Der weitaus größte Teil der Rüstungsgüter wurde demnach an die Streitkräfte der NATO-Verbündeten, an Botschaften oder an Einrichtungen der Vereinten Nationen in Afghanistan geliefert - darunter Panzer, gepanzerte Fahrzeuge sowie Handfeuerwaffen wie Gewehre und Maschinenpistolen. An afghanische Sicherheitskräfte sei etwa ein Zehntel gegangen.
Wie viele der aus Deutschland exportierten Rüstungsgüter sich nun heute in den Händen der Taliban befinden, ist unklar. Die afghanische Armee, die sich vielerorts ergab, wurde vor allem von den USA ausgerüstet. Die Regierung in Washington räumte bereits ein, dass viel von dem militärischen Gerät nun wohl von den Islamisten genutzt werde.
„Es muss Schluss sein mit einer Politik, die Geld lieber in Kriegsmaschinen als in Seenotrettung investiert. Rettung statt Rüstung!, fordert auch Janine Wissler. Das konsequente Verbot von Waffenexporten, vor allem in Krisenregionen bleibt daher unumgänglich.
Im Übrigen ist auch die Gesetzeslage in Deutschland klar. Das Kriegswaffenkontrollgesetz regelt, dass eine Rüstungsexportgenehmigung schon dann zu versagen ist, wenn die „Gefahr besteht“, dass die Waffen bei friedensstörenden Handlungen eingesetzt oder völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt werden.